Die Villa von Jan Antonín Baťa
Die meisten privilegierten und höheren Angestellten der Firma Baťa wohnten in Firmenhäusern in den neu gegründeten Kolonien. In einem dieser Häuser im heute nicht mehr existierenden Stadtteil Betlém lebte auch Jan Antonín Baťa mit seiner Familie – seiner Frau Maria Gerbecová (Tochter des bekannten Zlíner Arztes Rudolf Gerbec) und drei Töchtern. Diese Räumlichkeiten waren jedoch zu eng für die wachsende Familie, und so begann Jan Antonín mit der Planung eines eigenen Hauses.
Nach den Erinnerungen von Miroslav Ivanov führte seine Entscheidung zu einem Konflikt mit seinem Halbbruder Tomáš Baťa, der verlangt haben soll, dass Jan Antonín wie die anderen Angestellten in einem Firmenhaus wohnen solle. Jan Antonín verließ daraufhin vorübergehend die Firma und wurde später wieder eingestellt. Die Einzelheiten des Streits sind jedoch nicht bekannt. Aus Archivquellen geht hervor, dass Jan Antonín Baťa im September 1926 die Baugenehmigung für ein Haus in der Straße Nadkostelí (heute Osvoboditelů) erhielt.
Die zweigeschossige Familienvilla liegt oberhalb des Straßenniveaus in der Mitte eines großen Grundstücks. Die Pläne stammen von der Baufirma Zlámal & Plaček, der Name des Architekten ist jedoch unbekannt. Als einer von mehreren möglichen, aber nicht bestätigten Autoren wird František Lýdie Gahura genannt, der möglicherweise als Berater fungierte. Stilistisch ist die Villa der rationalen Moderne im Geiste Jan Kotěras zuzuordnen, welche sich durch formale Einfachheit und die Ausnutzung der ästhetischen Wirkung der unverputzten Baumaterialien auszeichnet.
Der Quader mit einem Grundriss von etwa 12 × 12 Metern weist auf der Südseite eine konvexe Ausbuchtung über die gesamte Höhe des Hauses auf. Die Fassade wird hier durch vier schmale, durch Zwischenpfeiler getrennte Fenster mit Stürzen aus weißem Backstein unterbrochen. Man betrat das Haus von der Straße Nadkostelí, wo eine Außentreppe zu einem Podest auf dem Dach der Garage führte, die separat vor dem Haus stand. Im Erdgeschoss der Villa befanden sich der Speisesaal, zwei Zimmer, die Küche mit Speisekammer und eine Toilette, im Obergeschoss zwei Schlafzimmer, drei weitere Zimmer, das Bad und eine Kammer. Das Gebäude war vollständig unterkellert.
Die Abnahme fand am 3. November 1927 statt. Die Villa ist ein Beispiel für die großzügige Anwendung der Baťa-Bauästhetik, ihre technische Ausstattung und ihre räumlichen Möglichkeiten gehen weit über den Standard der genormten Wohnhäuser hinaus.
Bereits vier Jahre später, im Jahr 1931, wurde die Villa auf einen Grundriss von 17 x 12 Metern erweitert. Zu dieser Zeit hatte das Ehepaar bereits fünf Kinder, und Jan Antonín Baťa hatte eine höhere Position in der Firma inne. Im nördlichen Teil des Hauses, wo die Erweiterung erfolgte, entstand neuer Raum für Küche und Speisekammer, Flur, Arbeitszimmer und ein Dienstmädchenzimmer, während im Obergeschoss drei weitere Gästezimmer, zwei Bäder und auch ein Zimmer für den Sohn hinzukamen. Der Entwurf für den Anbau stammt von der Bauabteilung der Firma Baťa, die von František Lýdie Gahura geleitet wurde. Sein Urheber ist jedoch wie bei den ersten Plänen nicht dokumentiert.
Einen weiteren Umbau, der den Grundriss des Gebäudes veränderte, entwarf 1937 Vladimír Karfík. Der Haupteingang wurde auf die Westseite verlegt, wo eine neue Eingangshalle mit einem drei Meter hohen Betondach entstand, der Windfang wurde mit Glasbausteinen versehen. Ein Bad und eine Nische mit Einbauschrank wurden hierher verlegt. Im Rahmen der Umgestaltungen wurden auch eine neue Auffahrt mit einer Autodrehscheibe und einem Blumenarrangement in der Mitte, ein Schwimmbecken, ein Sportplatz mit Pavillon und ein kleinerer parkartiger Garten angelegt. Für die Mutter von Jan Antonín, die hier bis 1939 wohnte, wurde ein kleines eingeschossiges Haus errichtet. Nach ihrem Tod wurde das Haus abgerissen.
Die Eingriffe in den dreißiger Jahren beeinträchtigten jedoch nicht die ursprüngliche architektonische Komposition. Der schlichte, maßvolle Eindruck des Gebäudes auf seinem Steinsockel wird durch den Kontrast zwischen dem rotem, weiß ausgefugten Backsteinmauerwerk und den weißen Kalksandsteinziegeln bestimmt, die unter dem auskragenden Gesims angeordnet wurden und die Brüstungen und Stürze umrahmen. Die Stützen auf dem Dach sind ebenfalls aus weißem Ziegelmauerwerk, dazwischen befindet sich ein Geländer aus gleichfalls weißen Stahlrohren. Über die Inneneinrichtung des Hauses wissen wir nur wenig aus Familienfotos und Erinnerungen von Zeitzeugen. Daraus geht hervor, dass die eher nüchternen Privaträume durch repräsentative Räume im Erdgeschoss ergänzt wurden – eine Halle mit einem Eckkamin aus poliertem Stein, Fensterbänke aus Marmor, Schiebetüren mit Vitrinen zu beiden Seiten, Ledermöbel und das Arbeitszimmer von Jan Antonín Baťa mit Einbaumöbeln und Holztäfelungen.
Im Mai 1939 ging J. A. Baťa mit seiner Familie in die Vereinigten Staaten und später nach Brasilien, wo er bis zu seinem Tod im Jahr 1965 bleiben sollte. Während des Krieges wurde die Villa von einer Haushälterin betreut, und es wohnten hier Büroangestellte der Firma. Nach dem Krieg wurde J. A. Baťa des Hochverrats angeklagt und sein Vermögen beschlagnahmt. Im Jahr 1948 hatte in der Villa der Verband der Freunde der UdSSR seinen Sitz. Zu jener Zeit Danach begann der allmähliche Verfall der Villa und des weitläufigen Gartens, in welchem das Kollektivhaus mit Kinderkrippe und Trafostation errichtet wurde.
Im Jahr 1951 nahm der Tschechoslowakische Rundfunk in der Villa seine Tätigkeit auf. Das Innere wurde für die Bedürfnisse des Rundfunks mehrmals umgebaut, einige Fenster- und Dachöffnungen wurden zugemauert, der Diensteingang an der Nordseite wurde entfernt. Das Äußere des Hauses ist trotz der Veränderungen in seiner Grundsubstanz erhalten geblieben, im Inneren befinden sich bis heute das Arbeitszimmer Baťas, die Halle mit ihrer massiven Holztäfelung, der offene Kamin und andere originale Materialien und Details. Zur Rehabilitierung des Namens von Jan Antonín Baťa kam es erst im Jahr 2007. Über viele Jahre zog sich auch der Streit um die Rückgabe der Villa an seine Erben. Deren Forderungen wurden jedoch 2010 durch das Gericht abgewiesen, und das Gebäude dient weiterhin als Sitz des Tschechischen Rundfunks Zlín.
LŠ