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Die Morýs-Häuser

Datierung 1947
Architekt/in Miroslav Drofa
Kode Z5
Adresse Třída Tomáše Bati 1285, 1276, Zlín
Öffentlicher Nahverkehr Öffentlicher Nahverkehr: Morýsovy domy (BUS 31, 70)
GPS 49.2262528N, 17.6828047E
49.2262222N, 17.6843203E
Denkmalschutz Die Morýs-Häuser ist immobiles Kulturdenkmal mit der Registernummer ÚSKP 50783/7-8940

Miroslav Drofa hat sich in den dreißiger Jahren als in der Bauabteilung der Firma Baťa beschäftigter Architekt lange mit Entwürfen von Typenvarianten für Familienhäuser beschäftigt, die das Unternehmen verheirateten Mitarbeitern anbot. Nach Experimenten mit Häusern aus Fertigbauplatten während der Kriegszeit griff er kurz nach Kriegsende im Jahr 1946 das früher beliebte und nun für das Wohnviertel Podvesná hergerichtete Viertelhaus wieder auf. Zu seinen wichtigsten und interessantesten Realisierungen zählen jedoch mehrstöckige Appartementhäuser, die Korridorhäuser oder auch Morýs-Häuser genannt wurden. Dieser lokal verwendete Name verweist auf Zlíns ersten Nachkriegsbürgermeister Vilém Morýs, der 1948 bei einem tragischen Autounfall ums Leben kam.
Die Häuser wurden als neue Sichtdominante des östlichen Teils der Stadt zusammen mit fünf achtstöckigen, turmartigen Häusern entlang der Hauptverkehrsstraße Tomáš-Baťa-Avenue (der damaligen Stalin-Avenue) angesiedelt. Das Gelände wurde im Rahmen eines Regulierungsplanes der Stadt von 1946–1947 abgesteckt, der unter der Leitung von Jiří Voženílek von einem Architektenkollektiv ausgearbeitet worden war. Die mehrstöckigen Häuser repräsentieren sehr gut die Zeit kurz nach 1945, in der sich in der Umgebung der Industriestadt die Unterbringungsmöglichkeiten nach und nach um neue Typen erweitert wurden. Diese in hohem Grade natürliche Entwicklung wurde durch die Kriegsereignisse begünstigt, wie etwa durch Vernichtung des Wohnungsbestandes durch Bombenangriffe, durch eine jähe Einschränkung der Bautätigkeit und durch die Änderung des politischen Klimas nach Beendigung des Weltkonfliktes. In dem Bestreben nach einer Ökonomisierung des unbebauten Stadtraumes und des finanziellen Aufwandes ging man von Familienhäusern in den Gartenvierteln zu rein städtischen Hochhäusern über, die nicht mehr nur für Sammelunterkünfte der jüngsten Beschäftigten bestimmt waren.
Der Architekt Miroslav Drofa verwendete ähnlich wie auch die Architekten weiterer Wohnbezirke der Nachkriegszeit (Siedlung Labská Kotlina in Hradec Králové, Siedlung Bělský les in Ostrava, Siedlung Solidarita in Prag) funktionalistische Ausdrucksmittel, Konstruktionsprinzipien und eine Reihenbebauung, um eine zeitgemäße Infrastruktur von herausragender Qualität zu schaffen. Gleichzeitig ließ er sich durch seine Studienreise nach Schweden auch von der zeitgenössischen skandinavischen Architektur beeinflussen, die es schaffte, avangardistische Formen mit traditionellen Details zu verbinden und von einer harmonischen Beziehungen zwischen den Baustoffen wie Holz und Backsteinen und einem ergänzenden natürlichen Rahmen zu profitieren.
Im Unterschied zu den benachbarten turmartigen Häusern, die sich durch tragende Backsteinkonstruktionen auszeichnen, werden die beiden identischen Appartementhäuser von einem Stahlbetonskelett mit Rundstützen getragen, die an den unverputzten Ziegelfassaden zu sehen sind. Darüber hinaus erstrecken sich die Säulen monumental über die gesamte Höhe des Gebäudes. In den Eckbereichen kreuzen sie eindrucksvoll die Balkone und unterstützen so, zusammen mit den Fensterbändern des Treppenhauses, die markante Vertikalität der Häuser. Typisch für diese Zeit in Zlín ist die Verwendung von Balkonbrüstungen aus Betonfertigteilen, die an den Randwohnungen großzügige, über die Eckkante hinausgehende Loggien bilden. Diese Elemente stehen in angemessenem Kontrast zur Glätte der Fassaden. Die Masse der Blöcke wird durch offene Dachterrassen gemildert, die für die Bewohner frei zugänglich waren, um dort zu entspannen.
Drofa entwarf die Wohnhäuser als Dreiertrakt mit einem schmaleren Mittelgang und nach Osten und Westen ausgerichteten Wohnungen. Sechzig Zweizimmerwohnungen für Familien mit einem Kleinkind, dreißig Dreizimmerwohnungen für kinderreiche Familien und sieben kleine Wohnungen für kinderlose Paare schufen ein großzügiges Umfeld für jeden Bewohner. Die Wohnungen wurden in den Garderoben, Fluren und Küchen mit modernen Einbaumöbeln ausgestattet. Was die Appartementhäuser jedoch von der Typologie eines mehrstöckigen Mietwohnungsbaus abhebt, waren Elemente kollektiver und gemeinschaftlicher Dienstleistungen. Den Bewohnern und teilweise uach der Öffentlichkeit standen im Erdgeschoss der beiden Gebäude Einrichtungen zur Verfügung wie ein Kindergarten, eine Kinderkrippe, eine Gemeinschaftswäscherei, eine Kantine und ein Restaurant. Miroslav Drofa verfolgte hier als erster eine Linie, die im Kollektivhaus des Architekten Jiří Voženílek ihren Höhepunkt fand. Miroslav Drofas ursprünglicher Entwurf aus dem Jahr 1947 ist im heutigen Zustand der Korridorhäuser sehr gut zu erkennen – ihre architektonische Form ist erhalten geblieben. Der Kontrast zwischen dem großflächigen massiven Mauerwerk und den hellen Elementen der tragenden Stahlbetonkonstruktion und der Fensterstürze strahlt bis heute in die Ferne. Die Häuser haben keine Wärmedämmung der Außenfassade erhalten, sind aber von einer Reihe moderner Eingriffe nicht ganz verschont geblieben. Im Laufe der Jahrzehnte haben sich Funktion und Aufteilung der Erdgeschosse mit zusätzlichen, ursprünglich kollektiven Dienstleistungen mehrfach geändert. Das Dienstleistungsangebot wurde in heutiger Zeit sehr reduziert. Die Erholungsterrasse mit den Aufenthaltsräumen wurde bereits in den 1960er Jahren mit zusätzlichen Wohnungen ausgebaut. Ein großer Teil der ursprünglichen hölzernen Kastenfenster wurde ausgetauscht, die Betonbrüstungen der Balkone und Dachterrassen wurden durch solche aus Metall ersetzt. Dennoch weisen die Häuser noch eine Reihe Originalelemente auf, vor allem in den Innenräumen – Treppengeländer, verchromte Briefkästen kombiniert mit Holz oder Travertin, sowie Holzfußböden und cremefarbene Einbaumöbel in einigen Wohnungen.
 
 
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