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Familie Brössler

Datierung 1937–1939
Kode Z18
Adresse Bratři Sousedíků 1710, Zlín
Öffentlicher Nahverkehr Öffentlicher Nahverkehr: Randýskové (TROL 4, 5)
GPS 49.2173475N, 17.6448911E
Literatur
  • Martin Marek, V čase výstavby. Baťovské podnikatelské aktivity v Sezimově Ústí v prvních letech provozu, Jihočeský sborník historický 83, 2014, S. 273-320

Die Familie Brössler hat in den Jahren 1937–1939 im ersten Arbeiterviertel Letná in einem Standard-Doppelhaus vom Typ 1928 gewohnt. Das Haus, das die Firma Baťa an ihre Beschäftigte vermietete, wurde 1931 in der Straße Pod Rozhlednou (heute Bří Sousedíků) erbaut, wo es bis heute in fast unveränderter Form steht. Der aus Uherské Hradiště stammende Otto Brössler hat sich im Januar 1937 mit seiner im polnischen Auschwitz geborenen Frau Jetty Hornung in Zlín niedergelassen. Im gleichen Jahr wurde ihr Sohn Karl geboren. Otto Brössler wurde dank seiner Qualifikation in der Automobilindustrie Leiter der Autowerkstätten und Garagen der Firma Baťa. Auf die in der Krisenzeit 1938–1939 schwieriger werdende Stellung jüdischstämmiger Bürger reagierten die Eheleute Brössler dadurch, dass sie sich Reisepässe ausstellen ließen, die ihnen erlaubten, in europäische und außereuropäische Länder auszureisen und die sie Ende März 1939 erhielten.

 

Die mit der Okkupation von 1939 verbundenen wachsenden Restriktionen äußerten sich in der Firma Baťa durch die Forderung der deutschen Besatzungsbehörden, dass der an Militärlieferungen für die Wehrmacht arbeitende Konzern keine jüdischen Personen mehr beschäftigen solle. Die Firma stattete in jener Zeit die Tochtergesellschaft in Sezimovo Ústí mit qualifizierten Maschinenbauern aus, weswegen sie Otto Brösler am 15. 1939 in die Region Tábor entsandte. Dort arbeitete er als Schlosser und erhielt dort ebenso wie in Zlín eine Firmenwohnung in Haus Nr. 252. Aufgrund seiner Qualifikation entzog er sich auch später ärmlichen Arbeits- und Wohnbedingungen, denen die Mitglieder des jüdischen Baukommandos ausgesetzt waren. Diese wurden ab Juni 1941 in Sezimovo Ústí in der Firma Baťa zur Zwangsarbeit eingesetzt. Bis in die zweite Hälfte des Jahres 1942, als die Deportationen ins Ghetto Theresienstadt Massencharakter annahmen, haben um die siebzig von ihnen dort gearbeitet. Anschließend nahm ihre Zahl ab, und die letzten von ihnen wurden im Zusammenhang mit den 1943 erfolgten Transporten entlassen.

 

Dem Ghetto Theresienstadt ist auch Otto Brösslers Familie nicht entkommen. Sie wurde am 16. November 1942 dorthin deportiert. Otto Brössler war jedoch von der Gestapo sechs Tage zuvor aufgrund einer anonymen Denunzierung, er höre einen verbotenen ausländischen Radiosender, verhaftet worden und gelangte so aus der Haft in den Transport. Ihre Wohnung wurde von der Gestapo geplündert, wobei alles Wertvolle aus dem Haushalt entwendet wurde.

 

Für ihren Sohn Karl war der Aufenthalt im Ghetto Theresienstadt schicksalhaft. Kurz nach der Ankunft (27. Februar 1943) erlag er dem Typhus. Die Brösslers war bis 1944 in Theresienstadt inhaftiert. Otto wurde am 28. September 1944 ins Konzentrationslager von Auschwitz deportiert, von wo aus er am 25. Januar 1945 ins Konzentrationslager Mauthausen und am 16. Februar 1945 ins benachbarte Lager Gusen kam, wo er die Befreiung erlebte. Jetty Brössler folgte ihrem Mann am 4. Oktober 1944 ins Konzentrationslager Auschwitz. Nach einer Selektion wurde sie umgehend ins Konzentrationslager Flossenbürg überführt. Die Befreiung erlebte sie im Konzentrationslager Mauthausen. So gelang es den Eheleuten Brössler die unmenschlichen Bedingungen der Schoah zu überleben. Sie hatten mehr Glück als viele ihrer Verwandten, die nach einem Transport von Theresienstadt in das Vernichtungslager Auschwitz dort umgekommen sind.

 

Otto Brössler kehrte jedoch mit angeknackster Gesundheit in die Region Tábor zurück. Ganze zwei Jahre hat er bis Februar 1947 die Folgen einer Lungentuberkulose auskuriert, zunächst stationär in einem Krankenhaus, dann wurde er zuhause und schließlich ambulant behandelt. Im September 1946 wählten die Eheleute Brössler Ostrava zu ihrem neuen Wohnort. Otto erhielt dort in der Maschinenfabrik Kosek eine Stelle als Instruktor und wurde später zum Leiter befördert. Gleichzeitig bereitete er sich darauf vor, in der Straße Stodolní eine eigene Autowerkstatt aufzumachen. Unter den veränderten Verhältnissen hat Otto sein Gewerbe Anfang 1949 bereits als Beschäftigter der Tschechoslowakischen Bauunternehmen in Ostrava wieder abgemeldet.

 

Ende der vierziger Jahre erfuhr das Leben der Eheleute Brössler eine weitere Änderung. Mit der Hilfe zweier jüdischer Hilfsorganisationen (Federation of Australian Jewish Welfare Society und American Joint Distribution Committee) strengten sie die Emigration ins Ausland an. Sie bewarben sich um ein Ausreisevisum nach Australien, gleichzeitig strengten sie die Emigration in den neu entstandenen Staat Israel an. Im April 1949 erhielten sie von den tschechoslowakischen Behörden die Genehmigung nach Israel auszureisen. In dem neuen Land ließen sich die Eheleute Brössler in der Stadt Ramat Gan nieder. Danach hat sich ihre Spur vorübergehend verloren. Sie taucht erst in den sechziger Jahren wieder auf, als sie bei den deutschen Behörden eine finanzielle Entschädigung für die Verfolgung während der Diktatur der NS-Zeit forderten.

 

MM
 

 

Otto Brössler

Datum und Ort der Geburt: 11. 11. 1904, Uherské Hradiště
Vorübergehender Wohnsitz: Bratři Sousedíků (früher Pod Rozhlednou), Nr. 1710, Zlín
Ständiger Wohnsitz: Uherské Hradiště
Eintrittsdatum in der Firma Baťa: 16. 1. 1937
Ausgeübte Arbeit: Leiter der Autowerkstätten der Firma Baťa in Zlín
Entlassungsdatum: 15. 11. 1939
Entlassungsgrund: Wechsel in die vom Baťakonzern gegründete Fabrik MAS in Sezimovo Ústí

 

Jetty Brössler

Datum und Ort der Geburt: 4. 11. 1906, Auschwitz
Vorübergehender Wohnsitz: Bratři Sousedíků (früher Pod Rozhlednou), Nr. 1710, Zlín
Ständiger Wohnsitz: Uherské Hradiště
Beruf: Hausfrau

 

Karl Brössler

Datum und Ort der Geburt: 16. 9. 1937, Zlín
Vorübergehender Wohnsitz: Bratři Sousedíků (früher Pod Rozhlednou), Nr. 1710, Zlín
Ständiger Wohnsitz: Uherské Hradiště
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Quellen und Literatur:

  • Mährisches Landesarchiv in Brno, Staatl. Bezirksarchiv Zlín, Bezirksamt Zlín I., Kart. 716, Inv.-Nr. 1053.
  • Mährisches Landesarchiv in Brno, Staatl. Bezirksarchiv Zlín, Bestand Baťa, a. s., Zlín, Sign. II, Kart. 1074, Inv.-Nr. 30, Acquisitionsnr. 8.
  • Mährisches Landesarchiv in Brno, Staatl. Bezirksarchiv Zlín, Bestand Bezirksamt Zlín I., Buch 20, Passevidenz Nr. 777 / 1939 und 778 / 1939.
  • Staatl. Gebietsarchiv in Třeboň Staatl. Bezirksarchiv Tábor, Bezirksamt Tábor I., Kart. 1070, Inv.-Nr. 3369.
  • Staatl. Gebietsarchiv in Třeboň Staatl. Bezirksarchiv Tábor, Archiv der Gemeinde Sezimovo Ústí, Sign. B1251, Chronik der Gemeinde Sezimovo Ústí (Teil II.), S. 235, 271.
  • Militär-/ Zentralarchiv – Militärhistorisches Archiv, Sammlung Bescheinigungen laut Gesetz 255/1946 Slg., AZ. 152912/47.
  • Militär-/ Zentralarchiv – Militärhistorisches Archiv, Fragebogensammlung zum inländischen Widerstandskampf II.
  • Archiv der Stadt Ostrava, Bestand Zentraler Nationalausschuss Ostrava, Kart. 1035, Ref. XXV. Kriegsschäden, Acquisitionsnr. 15234, Otto Brössler.
  • Archiv der Stadt Ostrava, Bestand Zentraler Nationalausschuss Ostrava, Kart. 300, Inv.-Nr. 950, Abt. VI/2 Gewerbe, Gewerbe von Otto Brössler.
  • Jüdisches Museum in Prag, Dokumentationssammlung, Sign. JMP.SHOAH/PERS/OP/006/052, Karel GOLDSTEIN, Židé na Táborsku v letech 1939–1945 a něco málo kolem té doby.
  • Bundesarchiv, Außenstelle Bayreuth (Lastenausgleichsarchiv), ZLA 7-02 Heimatauskunftstelle Böhmen und Mähren, Nr. Akt. 02/3017.
  • Archiv der Sicherheitsdienste, Bestand Jüdische Organisationen, Sign. 425-12-40, Brössler Otto.
  • Martin MAREK, V čase výstavby. Baťovské podnikatelské aktivity v Sezimově Ústí v prvních letech provozu. Jihočeský sborník historický 83, 2014, S. 273–320.