cz en

Familie Kolařík

Datierung 1941–1942
Kode Z18
Adresse Lesní čtvrť I. 3474, Zlín
Öffentlicher Nahverkehr Öffentlicher Nahverkehr: Příkrá (TROL 3, 13; BUS 13)
GPS 49.2211881N, 17.6884336E
Literatur
  • František Vašek, Zdeněk Štěpánek, První a druhé stanné právo na Moravě (1941–1942), Brno 2002, S. 35–41, 80–86

In der ersten Hälfte der vierziger Jahre überprüfte die Bauabteilung der Firma Baťa den technologischen und Bauprozess des Familienhausbaus. Die Anfang 1941 fertiggestellten Doppelhäuser des Unternehmens vom Typ DROFA I in der Straße Lesní čtvrť (Waldviertel) zählten zur Gruppe neuer Wohntypen der Firma, die sich von vorhergehenden Objekten optisch und auch räumlich unterschieden. Charakteristisch für sie war zwar das traditionelle Backsteinmauerwerk, jedoch sind ihre Außenfassaden gegenüber dem früheren Standard teilweise verputzt. Ihren Bewohnern boten sie geräumigere Zimmer und eine bessere Aufteilung. Der Komfort jeder Wohneinheit wurde um eine Veranda gesteigert, an die ein Vorraum mit Eingang in die die Küche und ins Wohnzimmer anschloss. Das Erdgeschoss wurde um eine separate Toilette und eine Speisekammer ergänzt. Die veränderte Raumaufteilung des ersten Stocks machte es möglich, die Treppe an der Außenwand anzubringen. Der bisherige Wohnstandard wurde durch den Einbau eines Badezimmers mit Badewanne im ersten Stock und einer kleinerer Terrasse verändert. In einer dieser Wohnungen hat der externe Arzt des Baťa-Krankenhauses Dr. Jiří Kolařík ab 1941 mit seiner Frau Jaroslava gewohnt.
Der aus Ivančice bei Brünn stammende und in Valašské Meziříčí wohnende Jiří Kolařík ist zu Beginn der Okkupation durch die Nazis nach Zlín gezogen. Nach dem Besuch des achtjährigen Gymnasiums in Valašské Meziříčí studierte er in den Jahren 1928–1932 an der medizinischen Fakultät der Masaryk-Universität in Brünn, wo er 1932 das I. Rigorosum in Medizin ablegte. Sein Studium setzte er an der medizinischen Fakultät der Karls-Universität in Prag fort, wo ihm durch Erlass des Ministeriums für Schulwesen und Volksbildung vom 5. 1. 1933 erlaubt wurde, das II. und III. Rigorosum in Medizin abzulegen. Das Studium in Prag schloss er 1935 erfolgreich ab. Nach Ableistung des militärischen Pflichtpräsenzdienstes, den er als Unterleutnant beendete, arbeitete er vier Jahre als Sekundararzt im Staatl. Krankenhaus in Prag. Am 30. September 1940 nahm er in der chirurgischen Abteilung des Baťa-Krankenhauses eine Stelle als externer Arzt mit einem wöchentlichen Festgehalt von 200 Kronen an. Damals stand ihm laut Vertrag im Ledigenheim der Firma Baťa in der Straße Havlíčkově nábřeží Nr. 600 eine unentgeltliche Unterkunft in einem Einzelzimmer zu.
Im Februar 1941 heiratete Dr. Kolařík Frau MUC. Jaroslava Mrštínová und sie erhielten im damaligen Stadtviertel Díly die oben beschriebene Wohnung im Firmendoppelhaus in der Straße Lesní čtvrť. Seine Frau Jaroslava studierte ebenfalls an der medizinischen Fakultät der Karls-Universität in Prag (ab Herbst 1935) und legte das I. Rigorosum ab. Wegen der 1939 erfolgten gewaltsamen Schließung der Hochschulen durch die deutsche Besatzungsmacht hat sie ihr Studium nicht beendet.
Der kurze Aufenthalt der Neuvermählten in dem Zlíner Firmenhaus nahm ein tragisches Ende. Jiřís Bruder Ivan (* 1920), ein tschechoslowakischer Soldat in Großbritannien, wurde Ende März 1942 von der Exilregierung in einer dreiköpfigen Gruppe Fallschirmjäger ins Protektorat geschickt, um dort Sabotage zu betreiben. Ivan wurde von den Angehörigen des Sicherheitsapparates der Nazis verfolgt und versuchte sich bei seinen Verwandten in Sicherheit zu bringen. Die Familienzusammengehörigkeit führte ihn auch nach Zlín, wo er sich bei seinem Bruder in dem Firmenhaus versteckte. In der ausweglosen Situation machte er sich am 1. April 1942 nach Vizovice auf, wo er sich in der Straße Nádražní vor der Sokolturnhalle vergiftete. Aber auch diese Tat hat seine nächsten Verwandten nicht geschützt. In den darauffolgenden Tagen wurden sie verhaftet und am 30. Mai 1942 nach einem Standgerichtsurteil im Kaunitz-Studentenwohnheim in Brünn hingerichtet: seine Eltern, sein Bruder Jiří Kolařík und dessen schwangere Frau Jaroslava, Ivans Verlobte Milada Hrušáková, deren Eltern und Ivans Cousin Dr. Hoblík. Die Leichname der Hingerichteten wurden im Brünner Krematorium eingeäschert und ihre Asche an einem unbekannten Ort verscharrt. Ivan Kolařík wurde auf dem Zlíner Waldfriedhof bestattet. Das gesamte mobile und immobile Vermögen der Hingerichteten wurde von den deutschen Behörden beschlagnahmt und anschließend zugunsten des Deutschen Reiches verkauft.
Den Fallschirmjäger Ivan Kolařík, seinen Bruder Jiří und Ivans Schwägerin Jaroslava haben neben der Familie auch ihre beruflichen Interessen miteinander verbunden. Ivan Kolařík hatte sich vor seinem abenteurlichen Weggang ins Exil, wozu er Anfang 1940 die sog. Balkanstraße nutzte, beschlossen, Medizin zu studieren. Im Herbst 1939 hat er sich als neunzehnjähriger Jüngling an der medizinischen Fakultät der Karls-Universität eingeschrieben. Die unmittelbar darauf am 17. November 1939 erfolgte Schließung der tschechischen Hochschulen im Protektorat war einer der Impulse, warum er sich den militärischen Einheiten in der freien Welt angeschlossen hat.
 
 
MM

 

 

MUDr. Jiří Kolařík

Datum und Ort der Geburt: 1. 12. 1909, Ivančice bei Brno
Vorübergehender Wohnsitz: Lesní čtvrť I, Stadtviertel Díly, Nr. 3474, Zlín
Ständiger Wohnsitz: Valašské Meziříčí
Eintrittsdatum im Baťa-Krankenhaus: 30. 9. 1940
Ausgeübte Arbeit: externer Arzt
Entlassungsdatum: 31. 5. 1942
Entlassungsgrund: Hinrichtung
Sterbedatum: 30. 5. 1942
 

 

Jaroslava Kolaříková

Datum und Ort der Geburt: 1. 6. 1916, Blansko
Geburtsname: Mrštínová
Vorübergehender Wohnsitz: Lesní čtvrť I, Stadtviertel Díly, Nr. 3474, Zlín
Ständiger Wohnsitz: Valašské Meziříčí
Ausgeübte Arbeit: Hausfrau (früher Medizinstudentin)
Sterbedatum: 30. 5. 1942
 

 

Ivan Kolařík

Datum und Ort der Geburt: 22. 3. 1920, Valašské Meziříčí
Ständiger Wohnsitz: Valašské Meziříčí
Ausgeübte Arbeit: Soldat der tschechoslowakischen Exilarmee (früher Medizinstudent)
Sterbedatum: 1. 4. 1942
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Quellen und Literatur:
  • Mährisches Landesarchiv in Brno, Staatl. Bezirksarchiv Zlín, Bestand Baťa, a. s., Zlín, Sign. II/2, Kart. 1034, Inv.-Nr. 17, Acquisitionsnr. 23, Beschäftigtenkarte: MUDr. Kolařík Jiří.
  • Archiv der Karls-Universität, Bestand Matrikel der Karls-Universität, Inv.-Nr. 9, S. 4029, Kolařík Jiří.
  • Mährisches Landesarchiv in Brno, Bestand B340, Gestapo Brno, Sign. 100-330/20 (Kolařík Jiří), Sign. 100-330/19 (Kolaříková Jaroslava), Sign. 100-61/21 (Kolařík Josef), Sign. 100-61/22 (Kolaříková Josefa), Sign. 100-48/32 (Dr. Hoblík Vladimír). 

  • František VAŠEK – Zdeněk ŠTĚPÁNEK, První a druhé stanné právo na Moravě (1941–1942). Brno 2002, S. 66–67, 110.