Haus mit Mansardendach
Das Viertelhaus mit Mansardendach in der Kotěrova-Straße im Stadtviertel Letná zeigt, wie sich die Aktivitäten der Firma Baťa bzgl. Unterbringung der Beschäftigten in der Zeit kurz nach Ende des 1. Weltkriegs entwickelten. Das Unternehmen hatte in den Kriegsjahren wichtige Aufträge erhalten, dank denen es ihm gelang, die Schuhproduktion intensiv auszubauen und dadurch auch die Zahl der Arbeiter im Jahr 1918 auf 4 000 zu steigern. Mit der Nachkriegskrise und den veränderten Absatzmärkten stellte sich zwar ein vorübergehender Produktionsrückgang ein und die Zahl der Beschäftigten fiel im Jahr 1923 auf 1 802, jedoch gab es in Zlín trotzdem noch nicht genügend Wohnraum. Die Gesellschaft hat deshalb versucht, den Wohnungsnotstand in der Stadt mit einer Reihe von Arbeiterhäusern zu beheben.
Bereits im Jahr 1915 hat Tomáš Baťa den Prager Architekten und Professor an der Kunstakademie und Kunstgewerbeschule Jan Kotěra angesprochen, der ihm kurz zuvor die Pläne für eine Familienvilla ausgearbeitet hatte, damit er den Entwurf einer Wohnzone für die Beschäftigten des Unternehmens erstelle. Kotěra hatte sich mit der Typologie von Arbeiterwohnungen über lange Zeit beschäftigt und bei der Kolonie für die Angestellten der staatlichen Eisenbahn in Louny, Záběhlice bei Prag oder Králův Dvůr den Schwerpunkt auf einen ausgewogenen Bezug zur umliegenden Umgebung und zum Gelände, auf die Bedürfnisse und Alltagsgewohnheiten von Industriearbeitern sowie auf den Grundstückspreis gelegt. Einer der bedeutendsten Repräsentanten der tschechoslowakischen Moderne hat deshalb den Arbeiterbezirk für die Firma Baťa im Regulierungsplan von 1918 als großzügiges Gartenviertel mit einzelstehenden Familienhäusern abgehandelt, das von der Bewegung englischer Gartenstädte und von Ebenezer Howards Arbeiten inspiriert worden war. Jan Kotěras Entwurf hat den Charakter der Firmenwohnungen in den darauffolgenden Jahrzehnten definiert. Der Architekt und Student Kotěras František Lýdie Gahura, der in der Zwischenkriegszeit zum Hauptstädtebauer des Baťaschen Zlin wurde, hat dann in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts eng an Kotěras Auffassung angeknüpft.
Das Ensemble von fünf Familienhäusern mit jeweils vier Wohneinheiten aus den Jahren 1922–1923 wurde in Gehnähe vom Fabrikareal und nicht weit entfernt von den heute nicht mehr existierenden Reihenhäusern mit Mansardendach entlang der nach Malenovice führenden Landstraße errichtet. Im Unterschied zu provisorischen Massenunterkünften sollte es den Industriearbeitern Lebenskomfort in einem Familienhaus mit Garten bieten. Die einfache rechteckige Baumasse mit den Maßen von 17 × 8 m war an der kürzeren Seite des Objektes durchbrochen von mehreren kleinen Fenstern und einem Eingang. Die Häuser sollten die Typologie für kostengünstigen Wohnraum darstellen, weswegen ihr architektonisches Dekor lediglich auf einen Steinsockel und ein markantes mansardenartig geformtes Ziegeldach beschränkt war, dessen Konstruktion aus Bohlen und Balken bestand und sich über die Fassade des gesamten oberen Stockwerks erstreckte. Auch diese Details hat die Firma in den darauffolgenden Jahren aufgegeben und sich der noch sparsameren Lösung unverputzter Backsteinhäuser mit Flachdach zugewandt. Bei den ersten Firmenviertelhäusern weisen die Gärten noch einen Bewirtschaftungscharakter auf, in denen man einen Hühnerstall und Ställe vorfindet, was der damals noch überwiegenden Landbevölkerung entgegenkommen sollte. Dies wurde jedoch bald aufgegeben, und die Gärten in Zlín wandelten sich nach und nach zu einem strikten Aufenthalts- und Erholungsort. Gegenüber seinen verputzten und unverputzten mit Flachdach versehenen Nachfolgern war das Viertelhaus mit Mansardendach grundrissmäßig unterschiedlich gegliedert. Jede der vier identischen Wohneinheiten bestand aus Schlafzimmer, Küche und Bad mit fließendem Wasser. Unterschiedlich war die Verteilung in den Stockwerken, jede Einheit erstreckte sich über ein Stockwerk, wobei jeweils zwei Wohnungen einen gemeinsamen Eingang hatten, der ähnlich wie die Innentreppe in die Ecke des Hauses gesetzt wurde.
Vom ursprünglichen Ensemble der Viertelhäuser dieses Typs entlang der Kotěra-Straße ist heute noch noch ein einziges übrig geblieben. Die anderen wurden bei einem Luftangriff im 2. Weltkrieg zerstört oder im Zuge des Baus benachbarter öffentlicher Objekte in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts abgerissen. Obwohl das Haus eine ganze Reihe moderner Änderungen aufweist, wie etwa den Austausch der Holzfenster gegen solche aus Kunststoff, zusätzliche Eingänge mit Konsolenüberdachungen oder ein Blechdach, ist in seiner Struktur die ursprüngliche architektonische Form sehr gut zu erkennen. Es repräsentiert so ein wertvolles Beispiel für die frühe Unterbringungsstrategie des Industrieunternehmens Baťa in Zlín.
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