Haus der Finanzen (heute Tschechische Sparkasse)
Datierung
1988–1993
Architekt(inn)en
Jiří Jílek,
Pavel Hanulík
Route
Die Neunzigerjahre
Kode
Z16
Adresse
Zárámí 4463, Zlín
Öffentlicher Nahverkehr
Öffentlicher Nahverkehr: Vodník (BUS 38)
GPS
49.2280031N, 17.6652056E
Literatur
- Jana Pavlová, Chrámy peněz: Postmoderní architektura českých bankovních domů a spořitelen v devadesátých letech 20. století, Praha 2022
Ab Beginn der neunziger Jahre betraten neue Bankinstitute den städtischen Raum. Ihre Räumlichkeiten waren anfänglich eher provisorisch, peu a peu wurden Parterres oder Räumlichkeiten in Stadthäusern und Hotels für deren Zwecke hergerichtet.
Im Jahr 1993 hatten elf Geldinstitute in Zlín ihre Filialen (Kommerzbank, Investitionsbank, Agrobank, Bank Bohemia, Pragobank, Sparkasse, Eurobank, Handelsbank, Postbank, Ökoagrobank, Creditanstalt und Moraviabank). Das Bestreben, neue Bankgebäude hochzuziehen, tauchte jedoch bereits im Jahr 1992 auf, in dem ein Architekturwettbewerb für die Errichtung eines Gebäudes für die Investitionsbank stattfand, das am Schnittpunkt der Straßen Soudní und Bartošova stehen sollte. Jedoch wurde keiner der eingereichten Entwürfe letztendlich realisiert.
Das größte Gebäude, in dem Bankdienstleistungen untergebracht wurden, ist das sog. Haus des Finanzwesens in der Straße Zarámí. Häuser der Finanzen wurden in der Tschechoslowakei als spezifische Typologie bereits seit den siebziger Jahren gebaut (z.B. in Most, 1973), haben sich aber nur bis in die neunziger Jahre gehalten (z.B. in Šumperk, 1994). Das Zlíner wurde 1993 fertiggestellt, jedoch stammte das Projekt aus dem Jahr 1988.
Autor ist der Architekt Jiří Jílek (1961), ein Absolvent der Brünner Architekturfakultät der Technischen Hochschule VUT, der in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre im Planungsinstitut Stavoprojekt tätig war. Als das Haus der Finanzen fertiggestellt wurde betrieb er jedoch bereits sein eigenes Architektenbüro Atelier 91. Einer der Mitautoren ist auch der Architekt Pavel Hanulík.
Das im spitzen Winkel der Straßen Zarámí und Vodní stehende Gebäude wurde als Haus für die tschechoslowakische Produktionsgenossenschaft (ČSVD) entworfen. Hauptinvestor wurde die Produktionsgenossenschaft (VD) Fotografia, die sich auch um den Betrieb kümmern und Verwalter des Objektes sein sollte, dessen Kosten in der Vorbereitungsphase bereits auf 82 Millionen Kronen kletterten. Bestandteil des Objektes sollte auch ein halbkreisförmiger Kongresssaal mit einer Kapazität von 232 Plätzen sein. Die Produktionsgenossenschaft VD Fotografia sollte den Plänen nach die gesamte vierte Etage belegen.
An der Finanzierung des Neubaus beteiligten sich weitere vierzehn Investoren. Ein neues Umfeld sollten dort beispielsweise die Produktionsgenossenschaft VD Fryšták, der Gastronomiebetrieb RaJ Zlín, die Verbrauchergenossenschaft SD Jednota, der Konzern Sigma Olomouc, die Produktionsgenossenschaft VD Integra Zlín, die Produktionsgenossenschaft der Invaliden VDI Obzor Zlín, die Produktionsgenossenschaft VD Druopta Praha, der Verlag Práce, die Produktions- und Handelsgenossenschaft Dílo Praha oder die Tschechische Staatssparkasse haben. Gerade letztere wurde nach 1990 zum Hauptinvestor, der von ursprünglich 45 % den Mehrheitsanteil erwarb, von den anderen vierzehn Organisationen hat sich letztendlich nur noch das Finanzamt am Bau beteiligt.
Der Baubeginn fällt in das Jahresende 1988, und in den folgenden drei Jahren war es die größte Baustelle in der Stadt. Die bebaute Fläche beträgt ca. 2 800 m², die Gesamtfläche im Gebäude beläuft sich auf 13 900 m². Das großzügige und seinerzeit kühne Objekt wurde als atypisches, mit einem Baukonstruktionssystem hochgezogener Säulen mit vorgespannten Kapitellen entworfen.
Das Eckgebäude hat sechs oberirdische und zwei unterirdische Etagen. Der unregelmäßige Grundriss basiert auf der annähernd dreieckigen Form des Baugrundstücks, das an einer Seite direkt an die Hochhäuser der Hoch- und Tiefbaugesellschaft Pozemní stavby anschließt. In Richtung der Kreuzung der Straßen Vodní und Zarámí hat das Gebäude eine runde Ecke. Die einzelnen Stockwerke fallen kaskadenartig zu dieser Ecke hin ab, weswegen die Beschäftigten Außenterrassen nutzen können.
Ein regelmäßiges Raster aus quadratischen und rechteckigen Fenstern wird in den gebrochenen Ecken um eine Eckverglasung ergänzt. In Richtung der Straße Zarámí wurde für die Fassade eine weiße Verkleidung verwendet, die ab der Straße Vodní diagonal in eine rote Keramikverkleidung übergeht, Der Hochparterre- und Erdgeschossteil sind mit weißem Stein verkleidet. Die braunen Doppelthermofenster ergänzen das dekorative Eisengeländer.
Im Erdgeschossteil schließt an der monumental konzipierten, zum Haupteingang führenden Treppe noch ein einstöckiger Anbau an das Hauptgebäude an, das von einem kleinen Turm abgeschlossen wird, dessen Spitze eine mit dem Entstehungsjahr versehenen Fahne aus Eisen trägt. In diesem angeschlossenen Teil sollte nach dem ursprünglichen Entwurf die Produktionsgenossenschaft VD Druopta Praha tätig sein, später befand sich dort eine kleine Galerie.
Im ersten und zweiten Untergeschoss waren außer den Lager- und Technikräumen auch Großraumgaragen und Tresore untergebracht. In weiteren Stockwerken fanden die Tschechische Sparkasse und kleinere Betriebe ihren Sitz, das Finanzamt nutzte das fünfte Stockwerk. Das sechste diente überwiegend als Restaurant mit Außenterrasse. In der letzten Etage befanden sich drei Ateliers. Die vertikalen Verkehrswege bestehen aus einem System von Treppen und fünf Aufzügen. In der runden Ecke wird der Raum von einem durch ein Oberlicht beleuchteten Atrium durchbrochen. Für das Interieur wurde ein atypisches Mobiliar aus exklusiven Materialien geschaffen (Stein, rostfreie Details u.a.).
Auch in den neunziger Jahren wurden nicht alle Räume für Finanzdienstleistungen genutzt. Dort fanden etwa Boutiquen, ein Autosalon, kleinere Geschäfte, ein Restaurant und die bereits erwähnte Galerie ihre Räumlichkeiten. Eigentümer des Objektes ist die Tschechische Sparkasse, die zur Zeit eine Reihe Änderungen durchführt. So wurde das ursprüngliche Interieur und Möbelstücke ausgetauscht, besonders die Fassade mit der bereits instabilen roten Verkleidung erwartet eine Sanierung. Die Nordfassade ist mit einem Netz verhangen, das herunterfallende Verkleidungsteile auffangen soll. Freie Räumlichkeiten werden von der Tschechischen Sparkasse auch weiterhin vermietet.
Das Aussehen des Hauses der Finanzen spiegelt eine Reihe postmoderner ausländischer Vorbilder wider, im ursprünglichen Entwurf wurde die Fassade beispielsweise durch regelmäßige helle und dunkle Bänder der Verkleidung gegliedert (ähnlich wie sie von dem Schweizer Architekten Mario Botta verwendet wurden), deutlich sichtbar ist auch die Kenntnis der Bauten von Hans Hollein. Jana Pavlová leitet in ihrem Buch Geldtempel das Kapitel über dieses Haus mit der Überschrift Botta á la Meier feat. Hollein ein.
LŠ