cz en

Wohngebäude mit Geschäftsräumen im Erdgeschoss

Datierung 1973–1976
Architekt/in Jiří Čančík
Kode Z15
Adresse Dlouhá 4211-4217, Zlín
GPS 49.2279047N, 17.6688925E

Zwischen 1974 und 1976 entstand an der Ecke der Straßen Murzínova (heute Dlouhá) und Vodní ein Wohnblock mit Ladengeschäften im Erdgeschoss. Zusammen mit dem Großwohnblock des Architekten Jan Palacký, der nur zwei Jahre zuvor ein paar Dutzend Meter weiter in der Vodní entstanden war, veränderte es den ursprünglichen Charakter des weiteren Stadtzentrums mit seinen überwiegend niedrigen Wohnhäusern mit Gärten.

 

Für das Eckgrundstück entwarf der Architekt Jiří Čančík ein Haus mit klaren stadtbildprägenden Qualitäten, wobei er kreativ mit Großplattenkonstruktionen arbeitete, die auf den landesweit gültigen Typen basierten. Jiří Čančík (1922–2001) gehörte zu einer bedeutenden Gruppe von Architekten, die an der Hochschule für Kunstgewerbe in Prag studiert hatten und erst Ende 1948 nach Zlín kamen, um ihre berufliche Laufbahn beim Staatsbetrieb Stavosvit (später Stavoprojekt) zu beginnen. Generalprojektant des Wohnblocks war die regionale Planungsorganisation Gottwaldov, Bauherr das Referat für Bauwesen und Raumplanung.

 

Die Wohnanlage mit 98 Wohneinheiten besteht aus drei Gebäuden mit aneinander anstoßenden Stirnwänden, die jeweils aus zwei bis drei Sektionen bestehen. Aufgrund des abschüssigen Geländes sind sie nicht gleich hoch, sondern wachsen von Norden her von vier auf sechs Stockwerke an. In der südlichsten Sektion befindet sich ein Durchgang für Fußgänger, der die Hauptstraße mit dem Park hinter dem Haus verbindet.

 

Das Erdgeschoss mit Läden und Dienstleistungsbetrieben ist zusammen mit dem Untergeschoss über die gesamte Ostseite vorgesetzt und folgt dort dem Verlauf der Hauptstraße. Neben den Ladengeschäften finden sich im Erdgeschoss auch Lagerflächen und Räume für die Angestellten. Den Bewohnern des Hauses stehen hier Kellerräume, Wasch- und Trockenräume sowie Abstellräume für Kinderwagen zur Verfügung.

 

Der Ladenbereich hebt sich durch die Verwendung anderer Materialien von den Wohnetagen ab. Über dem Erdgeschoss findet sich ein breites, mit hellem Stein verkleidetes Band, das als Untergrund für Werbeschilder dient. Die großzügig verglasten Schaufenster werden durch einen Klinkersockel ergänzt. Die oberen Stockwerke sind dagegen durch das regelmäßige Raster der Fenster charakterisiert, die von dekorativen hellorangen Fertigteilplatten mit markantem vertikalem Trapezrelief eingerahmt sind, mit denen sie Bänder auf der Fassade bilden.

 

Der Zugang zum Wohnbereich erfolgt über separate Eingänge an der Westseite der Gebäude, in deren Mitte sich jeweils eine zweiläufige Treppe befindet. In jeder Sektion befinden sich drei Wohnungen pro Etage, mit Ausnahme der nördlichsten Sektion, die um zwei Module kürzer ist und nur zwei Wohnungen pro Etage aufweist. Die insgesamt 98 Wohnungen gliedern sich in 64 Einzimmerwohnungen mit Küche und Nebenräumen sowie 34 Zweizimmerwohnungen, die auch über einen Balkon verfügen. Die meisten Wohnungen haben Fenster nach Osten wie nach Westen, während jedoch 30 Einzimmerwohnungen nur nach Osten ausgerichtet sind. Der Grundriss der Wohneinheiten wurde vom landesweit gültigen Typ T06B mit dem Küchen- und Sanitärbereich B3 übernommen, welcher zwischen 1961 und 1981 auch beim Konstruktionssystem G57 verbreitet war.

 

Im Ladengeschoss fanden sich Dienstleistungsbetriebe wie etwa ein Kosmetiksalon, ein Damen- und ein Herrenfriseur sowie eine Apotheke. In den exklusiven Eckräumen befand sich eine Filiale der staatlichen Fluggesellschaft ČSA. Für die ČSA entwarf der Architekt Čančík auch ein repräsentatives Interieur mit Empfangspult, vielen gepolsterten Sitzgelegenheiten und Steinboden. Die Wand mit dem Logo wurde durch ein Relief eines unbekannten Künstlers ergänzt.

 

Vom ursprünglichen Angebot hat sich bis heute nur die Apotheke erhalten, in die übrigen Geschäftslokale sind nach und nach andere Betriebe eingezogen. Das großzügig angelegte Ladenparterre ist weitgehend vernachlässigt, und vor allem der Eckbereich ist durch große Aufklebern über die gesamte Länge der Schaufenster in seiner visuellen Wirkung beeinträchtigt. Die Wohngeschosse dienen bis heute ihrem vorgesehenen Zweck. Das von Jiří Čančík entworfene Gebäude wurde anstelle von ursprünglich zwölf Einfamilienhäusern mit Gärten errichtet, einen massiven Abriss brachte auch der Bau des benachbarten Großwohnblocks in der Vodní mit sich. So konnte nahezu im Zentrum der Stadt ein ruhiger Hofbereich mit einem kleinen Park und einer Ruhezone entstehen, die auch heute noch von den Bewohnern genutzt wird. Die dynamische Fassadengestaltung wurde bislang beibehalten, in naher Zukunft soll das Haus jedoch komplett rekonstruiert werden und eine Wärmedämmung erhalten.