cz en

Experimentelle Zelle des Kollektivhauses

Datierung 1948–1950
Kode Z5
Adresse třída Tomáše Bati 3756, Zlín
Öffentlicher Nahverkehr Öffentlicher Nahverkehr: Věžové domy 6 (BUS 31, 70)
GPS 49.2247692N, 17.6884664E

Das Zlíner Kollektivhaus entstand zu einer Zeit, als man in der Stadt intensiv an der Entwicklung eines geeigneten Bautyps und an Technologien für einen modernen Nachkriegswohnraum gearbeitet hat. Neben den über die heutige Tomáš-Baťa-Avenue verteilten mehrstöckigen Backsteinobjekten (die Appartement- und Turmhäuser von Miroslav Drofa, Karfíks dreistöckige Häuser im Stadtviertel Obeciny) hatte man bereits in den Kriegsjahren mit dem Bau von Fertighäusern experimentiert. Diese Bemühungen um eine Industrialisierung der Architektur mündeten im Jahr 1953 im ersten aus Vollwandplatten bestehenden und als Typ G40 bezeichneten Wohngebäude in der Republik. 
Das nach einem Entwurf des Architekten Jiří Voženílek nur zwei Jahre zuvor fertiggestellte Kollektivhaus brachte das Konzept von Firmenwohnungen mit gemeinschaftlich genutzten Dienstleistungen von Kantinen, Kinderhorten und Kindergärten, Clubräumen oder Turnhallen zur Diskussion. Das zwölfstöckige Hochhaus machte zwar vom traditionellen baťaschen Stahlbetonskelettbau mit Backsteinfüllung Gebrauch, sollte jedoch eine davon abweichende Spannweite von 7,35 m und eine Reihe weiterer technologischer und baulicher Neuheiten haben. Deshalb sollte zunächst zur Übung eine experimentelle Wohnzelle gebaut werden, die als genaues Versuchsmuster dienen sollte, in dem auch die Innenausstattung getestet werden konnte und das anschließend zu einer reibungslosen und unproblematischen Realisierung eines Kollektivhauses beitrage.
Die Pläne für die experimentelle Zelle wurden im Herbst 1948 von Jiří Voženílek in Zusammenarbeit mit Miroslav Drofa ausgearbeitet. Ihre Fertigstellung sollte gemäß den Bedingungen der Baugenehmigung Bestandteil der Gesamtanzahl an Wohneinheiten im Kollektivhaus sein, wodurch keine Sonderzuteilungen an Material erforderlich waren. Das Erdgeschossobjekt mit länglichem Grundriss und einer bebauten Fläche von 94 m2 steht am Rande des Stadtviertels Díly neben Arbeiterfamilienhäusern in Sichtweite der Turmhäuser. Fertiggestellt wurde es im Frühjahr 1950.
Die Musterwohnzelle mit der Größe einer Zweizimmerwohnung besteht, wie das gesamte Kollektivhaus, aus einem tragenden Stahlbetonskelett mit Backsteinausmauerungen. Das auf Betonstreifen stehende Skelett der Zelle trägt Stahlbetondecken, wofür die vorhandene Schalung entsprechend angepasst wurde. Die Südfassade wird charakterisiert durch eine mächtige Verglasung aus von Betonstützen abgeteilten Fensterbändern. Die Fensterbreite zwischen den Stützen beträgt 1,05 m, was das Grundmaß des Modulsystems 7,35 × 7,35 m ist. Im Süden befindet sich leicht über Bodenhöhe auch ein Balkon mit der typischen perforierten Betonbrüstung.
Der Hauseingang mit einer zweiflügeligen Holztür und einer kurzen Treppe ist nach Osten ausgerichtet. Von dort aus gelangte man in den Flur mit anschließender Kammer, die ein kleines Lüftungsfenster aufweist, und dann in die genau wie die Wohnungen im Kollektivhaus aufgeteilte Wohnzelle. Der Raum an den Seiten der mit einem Einbauschrank ausgestatteten Durchgangsgarderobe war für eine sparsame, künstlich beleuchtete Küchenecke und ein Bad mit Badewanne und Toilette vorgesehen.
Für die Fußboden wurden unterschiedliche Materialien als Belag verwendet: Das Zlinolit in der Garderobe und der Küche wurde um Schamottfliesen im Bad, um Terrazzo im Flur und um Zementspachtel in der Kammer ergänzt. Schlaf- und Wohnzimmer mit ihren Holzfriesböden und dem glatten Kalkputz boten den Komfort einer ausgezeichneten Beleuchtung durch die sich über die gesamte Länge der Südseite erstreckenden Fensterbänder. Die Wohnräume wurden mit leicht montierbaren Isolierplatten voneinander abgetrennt, die den Plänen nach (an den Stützen zwischen den Fenstern befestigt) verschoben werden konnten, wodurch die Raumaufteilung nach Bedarf geändert werden konnte, 
Die Zelle war an das städtische Kanalisationsnetz, die Wasserversorgung und an eine Zentralheizung angeschlossen. Die experimentelle Zelle des Kollektivhauses machte es möglich, in dem kleinen Maßstab einer Wohneinheit Raum- und Dispositionsvorgaben und die verwendeten Materialien auszutesten, die dann gleich im Anschluss daran bei dem exponierten Bauwerk im Zentrum der Stadt voll und ganz zur Geltung kamen.
Im Jahr 1971 wurde die experimentelle Zelle an der Ostseite um eine Veranda erweitert, der Haupteingang wurde in das Haus verlegt, wodurch sich auch die Disposition änderte. Die ursprüngliche Miniaturküche, deren Maße auf die geplante Verfügbarkeit einer Verpflegung in der Gemeinschaftskantine des Kollektivhauses reagierten, wurde in den Bereich des früheren Flurs verlegt. Aus der Kammer wurde ein weiterer Wohnraum, und die Eingangshalle fand ihren Platz in der neuen Veranda. Der gegenwärtige Zustand des Objektes ist von einer Reihe nachträglicher Änderungen negativ betroffen. Die Holzfenster in den Eisenrahmen wurden durch Kunststofffenster ersetzt, eines der Fenster in der Südfassade wurde zugemauert, der typische, aus Fertigteilen bestehende Balkon wurde im Jahr 2014 abgerissen. Trotzdem ist das spezielle Format und die Konstruktion des Familienhauses, das von der Idee her untrennbar mit dem hohen Gebäude des außergewöhnlichen Kollektivhauses an der anderen Seite der Stadt verbunden ist, immer noch gut zu erkennen.
  
 
KE