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Waldfriedhof

Datierung 1931–1932
Kode Z8
Adresse Filmová, Zlín
Öffentlicher Nahverkehr Öffentlicher Nahverkehr: Lesní hřbitov (BUS 31)
GPS 49.1989814N, 17.6635917E
Literatur
  • Kamila Nečasová, David Valůšek, Historie zlínských hřbitovů, Zlín 2006

Die Gründung eines neuen Friedhofs tauchte in den ganzen zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts auf den Verhandlungen der Gemeindeselbstverwaltung auf. Der existierende Friedhof oberhalb des heutigen Kudlover Staudamms (dort, wo heute ein Park ist) war schon länger nicht mehr ausreichend. In einer Ecke stand eine halb abgerissene Leichenhalle, hinzu kamen ein überfüllter Raum und eine verwahrloste Friedhofsmauer. Nach nicht umgesetzten Überlegungen, ihn zu vergrößern, begann man mit der Suche nach einem geeigneten Grundstück für die Gründung eines neuen Friedhofs.
Irgendwann um das Jahr 1928 wurde beschlossen, das Konzept eines Waldfriedhofs zu realisieren. Diese Richtung wurde wohl von Tomáš Baťa festgelegt. Darauf lässt einer seiner Texte aus dem Jahr 1931 schließen, in dem er seine Vorstellung von einem Friedhof als lebendigen, mit einem Park vergleichbaren Ort beschreibt, der sich für sonntägliche Besuche und Picknicks eignet. Die Inspirationsquelle dazu können wir, wie so häufig in Zlín, in einem amerikanischen Vorbild suchen. In mehreren zeitgenössischen Artikeln der Zlíner Zeitungen wird auf amerikanische Naturfriedhöfe aufmerksam gemacht. Darin wird eine Rückkehr zur Natur, bzw. eine freundliche Wirkung der Natur auf die Hinterbliebenen betont. Es taucht auch ein Argument auf, das auf die Abschaffung der sozialen und Klassenunterschiede hinweist, da der Respekt gegenüber der natürlichen Umgebung eines Waldes es nicht erlaube, prunkvolle und kostspielige Gräber anzulegen. Die ursprüngliche Absicht, mehrere Waldfriedhöfe in Deutschland, Frankreich und England zu inspizieren, wurde letztendlich nicht in die Tat umgesetzt, und zur Hauptinspirationsquelle für das Zlíner Vorhaben wurden zwei Besuche (1929, 1931) des 1909 nach einem Entwurf des Gartenarchitekten Hans Pietzner in Nový Bor angelegten Friedhofs.
Im Jahr 1930 wurde ein geeignetes 50 ha großes Grundstück in der Lage Díly ausgewählt, und vom Bezirksamt war sogar bereits die Genehmigung erteilt worden, jedoch hat man aus unbekannten Gründen von dem Vorhaben abgesehen und einen anderen geeigneten Ort gesucht. Alles wurde Anfang 1931 beschleunigt, als der Sohn des Stadtarztes Rudolf Gerbec eine Lungenentzündung bekam, der er am 18. April 1931 erlag. Die schwere Krankheit und das Hinscheiden des Medizinstudenten Rudolf Gerbec des Jüngeren deckt sich zeitlich mit der beschleunigten, vom Stadtrat am 13. April genehmigten Grundstückswahl für den Friedhof im an der von Zlín nach Březnice führenden Landstraße gelegenen Wald Barabbas. Die Genehmigung zur Gründung des Friedhofs wurde vom Bezirksamt in Uherské Hradiště am 23. April 1931 erteilt, zwei Tage nach der Beisetzung von R. Gerbec. Die für den neuen Friedhof abgegrenzte Fläche von 33,34 ha sollte nach und nach hergerichtet werden. Die Eingriffe in den Waldbestand sollten so gering wie möglich erfolgen, damit der Waldcharakter des Ortes weitestgehend bewahrt werde. Trotzdem mussten nach und nach einige Objekte gebaut werden. Westlich vom Eingang ein standardmäßiges Firmeneinzelhaus für den Friedhofsverwalter, östlich ein Büffet, das den Besuchern Erfrischungen anbot. Ob es  zum Bau eines in Erwägung gezogenen Seziersaals und Aufbewahrungsraum für die Toten kam, ist nicht ersichtlich. Um Friedhofsbesuche zu erleichtern, war die Einrichtung einer regelmäßigen Busverbindung geplant.
Bis zum tragischen Tod von Tomáš Bat'a am 12. Juli 1932 wurden keine weiteren Arbeiten am zukünftigen Waldfriedhof unternommen. Erst in der zweiten Hälfte des Jahres 1932 erstellte der Architekt F. L. Gahura zusammen mit dem Bauingenieur Josef Harvánek einen Plan für den Waldfriedhof. Der realisierte Entwurf arbeitet mit der Konfiguration des Geländes. Vom im Einschnitt eines Hügels gelegenen Friedhofseingang führt ein zentraler breiter Weg hinauf zu einem dominanten, am höchsten Punkt aufgestellten zentralen Kreuz mit der Figur des triumphierenden Christus von F. L. Gahura. Von diesem Weg zweigten in alle Richtungen Waldwege ab. Die Anlage von regulären Fußwegen innerhalb des vom Entwurf definierten Hektarrasters war nicht vorgesehen. Der östliche, von der Hauptstraße abgegrenzte Teil des Friedhofs war für eine römisch-katholische Kirche reserviert, während im westlichen Teil eine Aufteilung der Felder nach anderen christlichen Konfessionen und für Nicht-Gläubige vorgesehen war. Man beschloss, Regeln für die Anlage der Gräber zu formulieren, die hinsichtlich ihrer Höhe den natürlichen Raum des Waldes so weit wie möglich respektieren sollten (die maximale Höhe eines Grabsteins wurde auf 1 Meter festgelegt). Die Gestaltung aller Grabsteine wurde von einer Friedhofskommission genehmigt. Sie respektierte offensichtlich die wiederholt von F. L. Gahura formulierte Empfehlung, dass die Steinmetze bei der Gestaltung der Grabsteine geometrische Formen und natürliche Materialien verwenden sollten. Als offizielles Datum, an dem der Friedhof in Betrieb genommen wurde, kann man die Einweihung des römisch-katholischen Teils am 6. November 1932 ansehen. Im Jahr 1935 wurde Feld Nummer 17 für die Anlage eines jüdischen Friedhofs reserviert.
Der ursprünglich symmetrisch im Raum des zentralen Kreuzes geplante Bau einer römisch-katholischen Kapelle und einer Zeremonienhalle kam nicht zustande, obwohl Architekt Gahura in den Jahren 1935-1938 eine Reihe von Entwürfen schuf, die konzeptionell an die Arbeit mit dem Konstruktionssystem der Baťa-Bauten anknüpften, das auf der Verwendung eines regelmäßigen Rasters von Stahlbetonpfeilern und einer Ausmauerung aus massiven Blankziegelsteinen mit großen Fenstern basierte. Auch weitere Änderungsentwürfe wurden nicht realisiert: eine bescheidenere Zeremonienhalle (1941), ein Kolumbarium (1945) von Architekt Gahura und eine Umgestaltung des Friedhofseingangs (1943) von Architekt Jan Víšek.
Einen ausdrucksvollen Eingangsbereich des Waldfriedhofs stellte dann – zusammen mit einem Friedhofsverwaltungsgebäude am Eingang – erst der Bau der Zeremonienhalle mit einem Krematorium durch den Architekten Jiří Čančík (1967-1978) dar. Das ursprüngliche Haus des Verwalters wurde wahrscheinlich im Zusammenhang mit dieser Baumaßnahme abgerissen. Zu dieser Zeit wurde auch die erste Streuwiese angelegt. Die zweite wurde von der Landschaftsarchitektin Kateřina Tuzarová im Jahr 1995 in Form einer Pforte und des aus Steinen gebildeten Flusses Styx geschaffen, der den Raum der Lebenden und der Toten symbolisch voneinander trennt. Seit 2004 wird in mehreren Etappen in der Friedhofsmauer ein Kolumbarium angelegt.
Trotz aller Eingriffe hat der Waldfriedhof seinen ursprünglichen Ausdruck nicht verloren und seine unverwechselbare Atmosphäre bewahrt. Er ist auch ein wichtiger Ort des lokalen Gedächtnisses, da er für eine Reihe von Persönlichkeiten die letzte Ruhestätte ist: für die Filmleute Hermína Týrlová, Karel Zeman, Jaroslav Novotný, Josef Pinkas, für den bildenden Künstler Zdeněk Kovář, für Libuše und František Nikl, den Journalisten Josef Vaňhara, den Fallschirmjäger Ivan Kolařík oder für die Architekten Miroslav Drofa, Eduard Staša und Zdeněk Plesník. Das Grab von F. L. Gahura – dem Autor des Friedhofsentwurfs – gibt darüber hinaus genau dessen Auffassung von der idealen Form eines Grabsteins wieder – eine kleine, auf die Erde gelegte Steinplatte in Form eines Kreisausschnittes, die mit dem Wald harmoniert.  Besonders wirkungsvoll ist der von Gahura gestaltete Bereich der Ehrengräber der Familie Baťa und ihrer engsten Mitarbeiter. Die Gräber wurden mit schwarzen polierten Marmorplatten abgedeckt, in denen sich der Wald spiegelt. Der Raum wird noch durch eine kleinere Variante des zentralen Kreuzes aufgewertet. Dieser Gesamtkomplex trifft die ursprünglich formulierte Absicht am besten, der natürlichen Umgebung des Waldes höchsten Respekt zu zollen.  
 
 
DV