St. Wenzelkapelle
Datierung
1929
Architekt/in
František Lýdie Gahura
Route
Das geistliche Zlín
Kode
Z8
Adresse
Václavská, Zlín
Öffentlicher Nahverkehr
Öffentlicher Nahverkehr: Kudlov, Výhledy (BUS 32, 410)
GPS
49.2038000N, 17.6838253E
Denkmalschutz
Die St. Wenzelkapelle ist immobiles Kulturdenkmal mit der Registernummer ÚSKP 24342/7-1959
Literatur
- Petr Janáč, Kaple svatého Václava v Kudlově a F. L. Gahura (bakalářská diplomová práce), Brno 2010
- Ladislava Horňáková, František Lýdie Gahura. Projekty, realizace a sochařské dílo (kat. výstavy), Krajská galerie výtvarného umění ve Zlíně 2006
- Jindřich Chatrný, Dagmar Černoušková , Rudolf Sandalo 1899-1980. Vize modernosti, Brno 2019
Die in einem hügeligen Gelände südlich der Stadt Zlín gelegene mittelgroße Gemeinde Kudlov gehörte traditionell zum Verwaltungsbezirk der römisch-katholischen Pfarrei Zlíns. Die Idee zum Bau einer Kapelle ist wegen fehlender Gelder in der Gemeinde nur schwer aufgekommen. Es war demnach nur logisch, sich mit der Bitte, einen architektonischen Entwurf auszuarbeiten, an den aus Kudlov stammenden Architekten František Lýdie Gahura zu wenden, der 1927 die Antonius von Padua geweihte Kirche in Míškovice entworfen hatte.
Die Realisierung des Vorhabens war größtenteils abhängig von der Großzügigkeit der Spender. In Kudlov und den Nachbargemeinden wurde über einen längeren Zeitraum eine Geldsammlung durchgeführt, entscheidend war jedoch der Beitrag der Eheleute Procházky, die 600 Kronen spendeten und auch das Grundstück zur Verfügung stellten. Die Ziegelsteine stiftete die Firma Baťa, der Bürgermeister von Prštné Ignác Šťasta stellte den Sand und die Waldbesitzer aus der Umgebung das Bauholz.
Beim Entwurf des Aussehens der Kapelle hatte František Lýdie Gahura völlig freie Hand, offenbar deshalb, weil er auf das Honorar verzichtete. Das hauptsächliche Limit bestand lediglich aus der Notwendigkeit, den Bau so kostengünstig wie möglich auszuführen. Trotzdem beliefen sich die Gesamtkosten des Baus auf 30 000 Kronen. Im Kontext der damals von Gahura für die Firma Baťa geschaffenen Bauten stellt die St. Wenzelkapelle ein außerordentliches Werk dar, in dem er ungewohnt frei seine Auffassung über zeitgenössische Architektur zum Ausdruck bringen konnte. Hinsichtlich Form und Material würde die Kapelle trotzdem völlig souverän in jedwedes damalige Baťa-Wohnviertel Zlíns passen. Noch eindrucksvoller wirkt sie jedoch in der konventionellen ländlichen Umgebung mit ihrer typischen Bebauung in Form von kleineren Bauernhöfen.
Der auf dem Grundriss eines griechischen Kreuzes errichtete Kudlover Bau wurde vertikal profiliert und wurde an allen Seiten in einem regelmäßigen Raster mit jeweils drei schmalen länglichen Fensteröffnungen versehen. Mit seinem äußeren Erscheinungsbild steht er dem Zeremoniensaal von Bohuslav Fuchs auf dem Brünner Zentralfriedhof (1925–1926) am nächsten. Die Wahl der Form und Abmessungen der Kudlover Kapelle wurde von dem kleinen, sich in dichter Nähe der durch die Gemeinde führenden Hauptstraße befindenden, fast quadratischen Grundstück beeinflusst. Die einzige Abweichung von der äußeren Symmetrie ist der organisch aus der linken Ecke hervorspringende Glockenturm. Die zweite grundlegende Vertikale stellt ein Steinkreuz mit Christus dar, das aus einem anderen Teil der Gemeinde zur Kapelle gebracht und in die nordwestliche Ecke des Grundstücks gesetzt wurde. Wahrscheinlich irrtümlich wird das Kreuz F. L. Gahura zugeschrieben.
Der Architekt arbeitet sehr kreativ mit dem Hauptbauelement der Kapelle – den Blankziegeln, die gleichzeitig den zentralen Maßstab des Bauwerks und seiner Elemente bilden, einschließlich der Breite der Fensteröffnungen. Der achsenmäßig symmetrische Eingang wird von einem weit vorgezogenen und von Metallsäulen getragenen Betonsims überdacht. Nur ein Metallgitterzaun trennt die breite Eingangstreppe der Kapelle von der Straße. Dominantes Element des Interieurs ist wiederum unverputzter Blankziegel. Dadurch wurde der Kontrast zwischen den dunkelroten Flächen und dem durch die schlanken Fensteröffnungen durchgelassenen Licht hervorgehoben. Der gotische Ausdruck der Kapelle wurde durch den minimalistisch, aus zwei Steinplatten in Form eines griechischen Kreuzes konzipierten Altar unterstrichen (Granit-Altartisch und Sandsteinsäule). Über der Mensa wurde in die Säule ein Tabernakel mit einem Messingrelief eingesetzt, auf dem aus einer Getreideähre ein Buch mit Siegeln herauswächst, auf dem sich das Lamm Gottes und ein Kreuz mit einem Band befinden. Über dem Tabernakel wurde eine Messingplastik mit Christus am Kreuz angebracht, wobei das Kreuz aus dem Stein gehauen wurde.
Die flache Holzdecke der Kapelle erhielt eine geometrische Formgebung durch unterschiedlich angebrachte lackierte und gestrichene Bretter, die durch farblich abgesetzte Latten voneinander getrennt wurden. Leider wissen wir nicht, mit welchen Farben Gahura gearbeitet hat, oder ob der gegossene Betonfußboden einen natürlichen Grauton oder einen anderen Farbton aufwies. Das einfache, fast strenge Interieur bildete in Verbindung mit den markanten Farben der Wände und der Decke ein wirkungsvolles und kontemplativ anmutendes Ganzes.
In Gahurovas Konzeption treffen Einflüsse der holländischen De-Stijl-Bewegung, des deutschen Expresssionismus und einer Ausbildung bei Jan Kotěra glücklich auf den pragmatischen Zlíner Ansatz. Die Blankziegel erwiesen sich in allen Fällen wegen ihrer wirtschaftlichen Rentabilität und herausragenden Variabilität bei der Modellierung von Gebäuden unterschiedlicher Bestimmung als ideales Material. Bei der Verwendung von Blankziegeln für Kirchenbauten hat man darüberhinaus an eine bis ins tiefe Mittelalter reichende Tradition angeknüpft.
Ein ähnliches Bauprinzip, einschließlich des Grundrisses eines griechischen Kreuzes, hat Gahura etwas später in dem nicht ausgeführten Entwurf einer Friedhofskapelle für Louky-Prštné (1932) wieder aufgegriffen. Bei der Begräbniskapelle in Komárno (1936) bildet der Minimalismus der regelmäßigen Blankziegelwände zu dem an einer Ecke hervorspringenden weißen Kreuz einen Kontrast.
Der heutige Zustand des Interieurs der Kudlover Kapelle hat fast nichts mehr mit der ursprünglichen Ausführung gemeinsam. Der Altartisch und der untere Teil wird von einer Lattenverzierung verdeckt, über Gahuras Christus am Kreuz kam eine Wenzelstatue hinzu, die ursprünglich auf einer der Seitenkonsolen stand. Eine von Gahura entworfene Statue des Heiligen, von der ein Foto des Modells existiert, wurde nicht angefertigt.
Die letzte Änderung im Interieur der Kapelle erfolgte vor 2020 nach einem Entwurf von Miroslav Kováč. Die Farbe der Kirchenbankauflagen der neu aufgestellten Holzbänke und der Teppiche wurde einheitlich gestaltet, das Interieur wurde neutral weiß gestrichen, die Leuchten wurden ausgetauscht, ein neuer Altar und ein Ambon aus getrübtem farblosen Glas wurden installiert. Der sichtbarste Eingriff in die Architektur ist der Austausch der unteren Fensterverkleidung hinter dem ursprünglichen Altar durch Buntglas.
Die Kapelle hebt sich immer noch von der Umgebung ab und bildet nach wie vor eine wesentliche, wenn auch volumenmäßig kleine Dominante der Gemeinde. Sie dient immer noch zu ihrem ursprünglichen Zweck und hat dank sensibel durchgeführter Reparaturen des Blankziegelmantels ihren ursprünglichen Ausdruck beibehalten.
DV