Die Villa von Jiří Hanzelka
Die Villa des Reiseschriftstellers Jiří Hanzelka steht nur wenige Dutzend Meter von der seines Kollegen Miroslav Zikmund entfernt. Die beiden sehr individuellen Häuser wurden zeitgleich durch den Zlíner Architekten Zdeněk Plesník entworfen. Die erste Skizze der beiden Häuser, die durch einen schmalen Weg miteinander verbunden sind, stammt vom März 1953, die Projektpläne, welche der Baubehörde vorgelegt wurden, sind aus dem folgenden Jahr. Zdeněk Plesník entwarf in der Blütezeit des sozialistischen Realismus und das Baus großer Wohnblöcke zwei repräsentative Villen, die an den Villenbau im Zlín der Zwischenkriegszeit anknüpfen. Sie sind stilistisch einheitlich und zeigen eine deutlich erkennbare architektonische Handschrift, die sich anschließend ein letztes Mal bei der Villa des Komponisten Zdeněk Liška in Kudlov wiederfinden sollte.
Obwohl die beiden Weltreisenden ähnliche Ansprüche an die Räumlichkeiten stellten – so etwa ein eigenes Arbeitszimmer, ein Archiv, eine Dunkelkammer, ein Schneideraum und eine Bibliothek –, sind ihre Villen in vielerlei Hinsicht gegensätzlich. Das Haus von Zikmund ist ein selbstverständlicher Teil des Gartens, sein Grundriss folgt den Wrightschen Prinzipien der Raumkomposition. Die Villa von Hanzelka mit ihrer klaren pyramidenförmigen Massenkomposition hingegen, die zur Zeit ihrer Nutzung von einem Sendemast auf dem Dach gekrönt wurde, war eine markante Landmarke im heranwachsenden Villenviertel Nivy. Wie bei der Villa von Zikmund war auch bei Hanzelka die Verbindung des Hauses mit seiner Umgebung wichtig. Plesník nahm die Geländeform des Grundstücks auf und platzierte das Gebäude so, dass der Sockel des Hauses dem modellierten Gefälle des Gartens folgte. Der umgebende Garten wurde als eine Art Park konzipiert, in dem nach und nach Sträucher und Koniferen angepflanzt wurden.
Beide Gebäude weisen viele ähnliche Elemente und Details auf, die sie mit der Baťa-Architektur in Zlín, aber auch mit der zeitgenössischen Bebauung Gottwaldovs verbinden. Im Außenbereich wurden die gleichen Materialien verwendet – vorgefertigte Fensterbänke, Steinsockel, Fensterlaibungen, Balkongesimse und die kontinuierlich um das ganze Haus laufenden Fenster. Im Gegensatz zu Zikmunds Villa sind hier auch unverputzte Ziegel stärker vertreten, sie dienen nicht nur als Mauerwerk, sondern bilden durch ihr Muster auch ein dekoratives Fassadenelement. Dieses Motiv erinnert an die zeitgenössische skandinavische Architektur und wurde später von Zdeněk Plesník auch bei der Villa für Liška verwendet. Der nördliche Teil des Hauses mit den Schlafzimmern ist durch einen kontrastierenden Glimmerputz abgesetzt.
Das zweigeschossige, teilweise unterkellerte Haus ist mit einem Höhenunterschied von fast 7 Metern über die Gebäudelänge in den Südhang eingebettet. Plesník nutzte den Geländeverlauf und ließ das Haus kaskadenförmig den Hang hinaufwachsen. Das Untergeschoss mit den Wirtschaftsräumen befindet sich teilweise unter den Bodenniveau, es beherbergt drei Archivräume, den Heizungsraum und eine Garage für zwei Autos. Auf der Ostseite des Souterrains befindet sich auch der Haupteingang zum Gebäude mit einer großzügigen Eingangshalle und einer Treppe, die in das Obergeschoss führt, welches in zwei Trakte gegliedert ist, die die Form eines T bilden. Die großzügigen Gesellschaftsräume im Obergeschoss nehmen mit ihrer Gliederung und der Nutzung unterschiedlicher Höhenniveaus Bezug auf den Raumplan von Adolf Loos. Gleichzeitig ist der Raum gerade so dimensioniert, dass sich der Klang der Orgel, die in einem eigenen, durch eine Faltwand aus Eichenholz abgetrennten Raum untergebracht ist, gut ausbreiten kann. An der Nordseite des Hauses befinden sich ähnlich wie in der Villa von Zikmund die Wirtschaftsräume – Speisekammer, Waschküche, Küche mit Zubereitungsraum, Essbereich mit Zugang zur Terrasse. Im zweiten Obergeschoss befinden sich ein großes Arbeitszimmer mit Bibliothek, vier Schlafzimmer und ein Fitnessraum mit Umkleide. Wie im ersten Stock ermöglicht auch hier eine Terrasse mit Pergola den Zugang zum Garten.
Das Innere der Villa war dank großzügiger Raumhöhen von 2,70 bis 3,90 m lichtdurchflutet. Die Möbel wurden von Miroslav Navrátil entworfen, der auch die Einrichtung der beiden anderen Villen gestaltete. Die erhaltene Fotodokumentation zeigt, dass der Gesellschaftsraum neben Einbaumöbeln und Bücherregalen mit einer Schwenklampe, leichten Lattenrostsesseln, Tischchen und weiteren Möbeln ausgestattet war.
Das Ehepaar Hanzelka bewohnte die Villa nur für kurze Zeit. Die Bauabnahme erfolgte im Januar 1956, doch bereits zwei Jahre später schenkte Jiří Hanzelka die Villa dem tschechoslowakischen Staat. Im Gegenzug stellte der Stadtausschuss von Gottwaldov die Mittel für Hanzelkas nächste Expedition nach Asien und Ozeanien (1959–1964) zur Verfügung. Eine Bedingung für die Übernahme war die Einrichtung eines Kindergartens mit Betreuung auch am Wochenende. Die Villa erhielt somit eine neue Nutzung, die ursprüngliche Inneneinrichtung wurde demontiert und teilweise abtransportiert, während das Interieur an die Bedürfnisse des Kindergartens angepasst wurde. Durch diese Umbauten wurde die ursprüngliche architektonische Gestaltung weitgehend zunichte gemacht. Das Haus dient auch heute noch als Rehabilitationseinrichtung für Kinder. Trotz einiger rücksichtsloser Eingriffe in das Äußere des Gebäudes wie etwa eines Fensterdurchbruchs an der Ostfassade oder des Anbaus eines Aufzugs ist die Villa von Jiří Hanzelka noch immer ein wertvolles Beispiel für den Villenbau der fünfziger Jahre in der Tschechoslowakei.
LŠ