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Jiří Voženílek


Geburtsdatum 14. 8. 1909 Holešov
Todesdatum 4. 11. 1986 Praha

Jiří Voženílek, einer der Architekten, die den Nachkriegswiederaufbau Zlíns am wesentlichsten beeinflusst hatten, wurde am 14. August 1909 im mährischen Holešov geboren. Nach dem Besuch des Realgymnasiums in Prag führten ihn seine weiteren Schritte an die dortige Universität. In den Jahren 1928–1933 studierte er an der Hochschule für Architektur und Tiefbauwesen, die unter die Tschechische Technische Hochschule fiel. Voženílek hatte sich bereits seit seiner Jugend intensiv für die zeitgenössische Architekturtheorie interessiert, war politisch engagiert und beispielsweise im Klub der Architekten oder im tschechoslowakischen Offiziersverband öffentlich tätig. Gemeinsam mit Jiří Štursa und Karel Janů gründete er deshalb noch während seiner Universitätszeit im Jahr 1932 die Fortschrittliche Architekturgruppe (Pokroková architektonická skupina – PAS). Gemeinsam publizierten sie theoretische Texte (z.B. Architektur und Gesellschaft: Entwicklung der Architektur unter dem Kapitalismus und Aufgaben des sozialistischen Architekten: Grundsätze und Programm sozialistischer Architekten) und widmeten städtebaulichen Projekten große Aufmerksamkeit, welche aktuelle Prinzipien des Städtebaus in der Praxis, besonders nach sowjetischem Vorbild, umsetzten. 
Im Jahr 1935 nahm das Trio am von der Firma Baťa in Zlín ausgeschriebenen internationalen Wohnungsbauwettbewerb teil. Ihr Entwurf wurde preisgekrönt, jedoch wurde das Projekt nicht in die Tat umgesetzt. Die Gruppe PAS unterhielt auch engen Kontakt zum Kreis der tschechoslowakischen, mit den Fachzeitschriften Stavba oder Revue Devětsilu verbundenen, politisch links orientierten Architekten mit dem führenden Theoretiker und Künstler Karel Teige an der Spitze.
Ein paar Jahre nach dem Universitätsabschluss und nach einem Praktikum bei dem Architekten František Roith führten Voženíleks Interesse an der Möglichkeit, das Bauwesen, den Typisierungsprozess und die Standardisierung von Wohnungen zu organisieren, aber auch Arbeitsmangel ihn im Jahr 1937 nach Zlín, wo er in der Entwicklungsabteilung der Firma Baťa zu arbeiten begann. Während dem Krieg wurden die früher fieberhaften Bauaktivitäten in der Stadt durch den andauernden Konflikt unterbrochen, weswegen er sich, ähnlich wie eine Reihe weiterer Firmenarchitekten, vornehmlich auf den Städtebau konzentrierte, besonders auf das in Baťas Umfeld langfristig behandelte Thema der Entwürfe von idealen Industriestädten. Er experimentierte auch mit der Typologie eines Firmenfamilienhauses und schuf im Jahr 1942 die Fertigbauvariante eines Erdgeschosseinzelhauses, das aus mobilen Platten bestand und dessen Größe nach Bedarf variiert werden konnte. 
Nach Kriegsende hat sich in der einstigen streng organisierten Firmenstadt die politische Atmosphäre stark verändert. Das Schuunternehmen wurde verstaatlicht, und eine ganze Reihe von Zwischenkriegsarchitekten mit František Lýdie Gahura und Vladimír Karfík an der Spitze haben Zlín bald verlassen. Jiří Voženílek hingegen rückte genau in diesem Moment aufgrund seinen Fähigkeiten, seinem theoretischen Überblick und linksorientierten Denken in den Vordergrund und hatte als neuer Leiter der Planungsabteilung der Firma und als Vorsitzender der Baukommission des städtischen Nationalkomitees Gelegenheit, seine Visionen über die geeigneteste Gestaltung von Stadtkomplexen in der Praxis auszuformulieren.
Voženílek stand 1946 an der Spitze der Arbeitsgruppe der Architekten (ferner bestehend aus F. L. Gahura, V. Karfík, V. Kubečka, T. Slezák und A. Vítek), deren Hauptaufgabe es war, einen neuen Regulierungsplan für die vom Krieg und von Luftangriffen heimgesuchte Stadt auszuarbeiten. In ihm wurde die Fabrik großzügig in ein regelmäßiges Schachbrettmuster unterteilt und mit den Gebäuden Nr. 14 und 15 die modernisierte Typologie eines Produktionsobjektes vorgestellt, das die Arbeitsstandards der Zwischenkriegszeit durch Anpassung der Maße des Konstruktionsmoduls, der Baustoffe und verwendeten Technologien merklich steigerte. Gleichzeitig beschäftigte Voženílek sich mit der Raumgestaltung des unvollendeten zentralen öffentlichen Raumes des Platzes der Arbeit und der Möglichkeit, den unzureichenden Wohnungsbestand zu vergrößern. Er scheute sich nicht davor, die früher verworfene unbebaute, Südhänge genannte Fläche in der Nähe der Fabrik und den Ostteil der Stadt zu nutzen, wo sich anstelle der bis dahin bevorzugten Familienhäuser mehrstöckige, von seinen Kollegen Miroslav Drofa oder Vladimír Karfík entworfene Wohnblöcke konzentrierten. Seine Kenntnisse über politisch links orientierte Städtebaustrategien hat er bei der Ausarbeitung des Gebietsplanes des zwischen Zlín und Otrokovice gelegenen Bezirks zinsbringend umgesetzt, wobei er Miljutins Prinzipien von einer linearen Bandstadt zugrunde legte (nicht realisiert).
Das wichtigste Projekt dieser fruchtbaren Zeit war das Kollektivhaus aus den Jahren 1947–1951, das mit seiner rein konstruktivistischen Konzeption in vielerlei Hinsicht gesamtstaatlich herausragte. Zusammen mit dem Litvínover Kollektivhaus von den Architekten Václav Hilský und Evžen Linhart stellt es die beiden einzigen fertiggestellten Vorzeigebauten einer Bautypologie dar, die bereits seit den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts in den politisch linksorientierten avantgardistischen Kreisen in der Tschechoslowakei und im Ausland auf Resonanz stieß – kollektives Wohnen kombiniert mit minimaler Wohnfläche und dem gemeinschaftlichen Dienstleistungsangebot von Kantinen, Kindergärten, Klubräumen und Turnhallen.
Jiří Voženílek zog 1949 wieder zurück nach Prag, wo mit dem Beginn des kommunistischen Regimes wichtige Staatsorganisationen gegründet wurden, welche die Organisation der Architektur, des Bauwesens und der Forschung in den darauffolgenden Jahrzehnten veränderten. Dank seinen früheren Arbeitserfahrungen und seinem langjährigen Engagement gelangte er in die Führungsebene des staatlichen Planungsinstitutes Stavoprojekt (1949–1951) und des Forschungsinstituts für Architekturentwicklung (1952–1955). In der ersten Hälfte der sechziger Jahre kehrte er auch als Pädagoge an seine Heimatuniversität, die Tschechische Technische Hochschule zurück, und ab 1961 war er als Hauptarchitekt der Stadt Prag tätig. Paradoxerweise stellte sich bei ihm trotz seiner links orientierten politischen Grundüberzeugung während der Normalisierungszeit eine Arbeitsflaute ein, und er beendete seine aktive Karriere. Der Architekt ist am 4. November 1986 in der Hauptstadt verstorben.
 
 
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