Miroslav Lorenc war im Zlín der Zwischenkriegszeit einer der wenigen Architekten, die sich außerhalb der dominanten Aufträge der Firma Baťa durchgesetzt und das Aussehen des neu errichteten Stadtzentrums mitgestaltet haben. Er wurde am 9. Juni 1896 in Holešov als ältester von vier Kindern geboren. 1912 zog seine Familie nach Hodonín. Ab 1913 besuchte er die Staatliche Baugewerbeschule in Brünn, was jedoch vom Ersten Weltkrieg unterbrochen wurde. Zunächst wurde er nach Russland abkommandiert, später an die italienische Front, wo er dem Regiment der tschechoslowakischen Legion beitrat. Ab Sebtember 1919 besuchte er wieder die Baugewerbeschule, wo beispielsweise bedeutende Pädagogen aus den Reihen der Brünner Architekten der Zwischenkriegsgeneration wie Emil Králík oder Jaroslav Syřiště unterrichteten.
1922 trat er in Prag eine Stelle an der Akademie der Bildenden Künste im Atelier von Jan Kotěra an, nach Kotěras Tod übernahm Josef Gočár das Atelier, der den Studenten die Aufgabe eines Entwurfs für ein Denkmal Kotěras übertrug. Das Denkmal ist die erste selbständige Arbeit von Lorenc. Nach dem Studium arbeitete er im Atelier von Josef Gočár, František Janda, Pavel Janák und Jan Zázvorka. Am wichtigsten war wohl die bei Jaromír Krejcar – einem der einflussreichsten Pioniere der funktionalistischen Architektur – gewonnene Praxis. Während seiner Prager Tätigkeit entwarf er eine Kolonie von Familienhäuser für die slowakische Stadt Spišská Belá. Er arbeitete das damals beliebte Thema des Wohnens auf kleinstem Raum aus, das er im Laufe seiner Zlíner Tätigkeit wieder aufgriff. Ab Mitte der zwanziger Jahre engagierte er sich auch in einigen (überwiegend linksorientierten) Architekturverbänden – in der Architektenvereinigung, der Assoziation akademischer Architekten, in der Levá fronta (Linksfront) bei der Künstlervereinigung Devětsil, im Verband sozialistischer Architekten, er war auch in den Gruppen CIAM und BAPS tätig.
1928 heiratete er die Tochter eines Zlíner Unternehmers und Politikers Ludmila Batíkova, mit der er 1930 nach Zlín zog. In der sich schnell entwickelnden Firma Baťa und deren Bauabteilung nahm er die Arbeit als erfahrener und gebildeter Architekt auf, der sich in den neuesten Richtungen der Architektur auskannte. Als erstes entwarf er ein Schulviertel mit einer Gewerbeschule (heute UTB-Gebäude Nr. 4) und eine Schule im Stadtviertel Letná. Parallel dazu beginnt er mit der Arbeit an dem Entwurf eines Gemeinschaftshauses für den neu angelegten Platz der Arbeit, das er jedoch wegen Differenzen mit der Firma Baťa nicht fertigstellte. Grund dafür war das Bauprojekt für ein neues Kino. Das ursprünglich geplante Budget von 2 Millionen Kronen wurde auf 600 000 Kronen gekürzt. Miroslav Lorenc verließ daraufhin die Firma, und das Gemeinschaftshaus wurde von Vladimír Karfík, einem der für die Firma Baťa neueingestellten Architekten fertiggestellt.
Nach 14 Monaten bei Baťa gründete Miroslav Lorenc sein eigenes Planungsbüro. Seine Kunden waren vornehmlich reiche Bürger und Unternehmer. Eines seiner ersten Projekte war ein Komplex von Familienhäusern für die Wohn- und Baugenossenschaft Podřevnicko. In einem Ensemble von fast 50 einfachen Häusern profitierte Lorenc von seinen Erfahrungen mit dem Entwurf von Kleinstfamilienhäusern. Die gängigste Typologie, der sich Lorenc in den dreißiger Jahren widmete, waren Häuser für Unternehmer und betuchte Bürger. Diese Objekte mit Flachdächern kombinierten eine Geschäftsfunktion im Parterre und Wohnräume in den Obergeschossen. Die Fenster sind häufig dreiteilig oder Fensterbänder, an den einfachen Fassaden findet man für Zlín untypische Keramikverkleidungen. Die mit großen Schaufenstern versehenen Geschäftsräume haben häufig runde Ecken und nehmen das gesamte Erdgeschoss ein. Die sich am häufigsten in der Stadtmitte befindenden Häuser wurden auf langen, schmalen historischen Grundstücken gebaut. Am deutlichsten hat sich Miroslav Lorenc wohl mit Eckbauten im Aussehen der Stadt verewigt, die die Gestalt des Stadtzentrums wesentlich beeinflussten. Bei ihnen handelt es sich beispielsweise um das Haus von Eduard Pelčák (in der Straße Dlouhá), das Haus von A. Nakládal oder um das Geschäfts- und Bankhaus von František Javorský (beide auf dem Tomáš-Baťa-Boulevard). Zu Lorenc’ Aufträgen gehörten auch Wohnhäuser und Villen in den Randgebieten der Stadt. Bei ihnen fanden häufig Fensterbänder, Terrassen und großzügige Eckfenster Verwendung. Diese Bauten sind jetzt oft in einem veränderten Zustand oder haben eine unsensible Renovierung, bisweilen auch mit Anbauten, hinter sich. Eines der am besten erhaltene Häuser (wenn auch in schlechtem Zustand) ist die Villa von Herrn Ševčík in der Straße Na Požáře aus dem Jahr 1935. Weitere Bauten von Lorenc findet man auch in der Stadt Napajedla, wo er eine Schule, das Gebäude der Stadtsparkasse und mehrere Villen entwarf. Ebenso wie Jaromír Krejcar hat sich auch M. Lorenc mit dem Mobiliar und den Innenräumen beschäftigt. Einfache Möbel und deutlich geometrische Dekors zeugen von seiner Kenntnis des Bauhauses, Neoplastizismus, aber auch des russischen Konstruktivismus.
Einer seiner letzten Aufträge, an denen Miroslav Lorenc kurz vor dem Krieg arbeitete, waren die sog. Elektrohäuser. Die für Beamten bestimmten Häuser großer Kapazität sollten mit modernster Technik ausgestattet und voll elektrifiziert sein. Diese sechsstöckigen U-förmigen Blöcke wurden 1941 bereits ohne Beteiligung von Miroslav Lorenc fertiggestellt.
Miroslav Lorenc war während seines ganzen Zlíner Wirkens auch öffentlich tätig, so war er Vorsitzender der Vereinigung der Legionärsgemeinschaft in Zlín oder leitete die Filiale des Verbandes der Tschechoslowakischen Arbeiterschaft. Auf zeitgenössischen Fotografien wird er häufig in Uniform oder auf einem Umzug dargestellt. Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs schloss er sich der Nationalgarde an und wurde Bezirksbefehlshaber der Widerstandsgruppe Verteidigung der Nation. Nachdem er fast ein Jahr im Verborgenen lebte wurde er 1940 zum Tode verurteilt. Er starb am 11. Februar 1943 in Breslau. Am Haus in der Straße Sokolská, in dem er lebte und arbeitete, ist bis heute eine Gedenktafel angebracht.
LŠ