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Vladimír Karfík


Geburtsdatum 26. 10. 1901 Idrie
Todesdatum 6. 6. 1996 Brno

Während seiner fünfzehnjährigen Tätigkeit in der Firma Baťa wurde Vladimír Karfík zu einem der bedeutendsten Architekten, welche das Aussehen der sich schnell entwickelnden Stadt Zlín geformt haben. Er wurde am 26. Oktober 1901 in der slowenischen Stadt Idria geboren, wo sein Vater als Arzt tätig war. 1905 kehrte die Familie nach Prag zurück, wo Vladimír Karfík die Volks- und Realschule besuchte (1912–1919). 1919 nimmt er ein Studium an der Architekturfakultät der Technischen Universität (ČVUT) Prag auf. Den ersten Nachkriegsjahrgang führten noch Vertreter des Jugendstils oder Neoklassizismus an (Josef Fanta, Antonín Engel), zu Karfíks Kommilitonen gehörten jedoch bereits auch avantgardistische Architekten (Karel Honzík, Adolf Benš, Jaroslav Frágner u.a.). Karfík war Mitglied des Vereins der Architekturhörer und des Klubs der Architekten, der die Zeitschrift Stavba (Der Bau) herausgab. Anhand von Fachzeitschriften wie etwa ReD (Revue Devětsilu), Stavitel (Der Baumeister) oder Styl informierte er sich über das aktuelle Geschehen und neue Richtungen wie der Konstruktivismus oder der Funktionalismus es waren.
Nach Studienabschluss ging er deshalb nach Paris (1924–1926), wo er im Büro von Le Corbusier unter anderem am Plan Voisin, einem Entwurf für eine neues Zentrum von Paris arbeitete. In Paris lernte er auch Adolf Loos kennen. 1927 reiste er in die USA, wo er die Architektur der Chicagoer Schule kennenlernte und im großen Planungsbüro Holabird & Root zu arbeiten begann, die sich auf Wolkenkratzer spezialisiert hatte. Zufällig begegnete er Frank Lloyd Wright, bei dem er 1928 ein Praktikum in dessen international geführtem Büro aufnahm. 1929 ging er zurück nach Chicago, wo er mit Jan Antonín Baťa in Berührung kam, der ihm Arbeit in Zlín anbot. Wegen der sich abzeichnenden Wirtschaftskrise nahm Karfík das Angebot an und begann am 3. Mai 1930 in der Bauabteilung der Firma Baťa an zu arbeiten.
Die während seines Amerikaaufenthalts gesammelten Erfahrungen nutzte Vladimír Karfík für die Entwürfe der Dienstleistunghäuser für Brünn (1930), Bratislava (1930) und Liberec (1931). Erstmals verwendet er für einen Sakralbau – eine Kirche im slowakischen Petržalka (1930) – auch das Standardbausystem 6,15 × 6,15 m. Er stellte das Gebäude des Gemeinschaftshauses (1932; heute Hotel Moskva) mit einem repräsentativen Innenraum amerikanischen Typs fertig, in dem jedes Zimmer sein eigenes Bad hat. Ebenso wie bei Kaufhäusern tauchten an ihm auch große Neonleuchten auf, die an die Großstädte Amerikas erinnerten. Für die Firma Baťa hat Karfík auch das Gemeinschaftshaus in Otrokovice (1935) mit einem Grundriss in Form eines dreizackigen Sterns entworfen. Als leidenschaftlicher Sportler und Tennisspieler entwarf er auch einige Sportstätten, Tennisplätze und Schwimmbäder (Schwimmbad in Otrokovice, nicht mehr existierendes Schwimmbad „Baťák“ in Zlín) mit markanten Betonrutschbahnen und der modernsten technischen Ausstattung. 1935 arbeitete er auch an einer Gebäudestudie für die ersten Filmateliers und nimmt im gleichen Jahr an einem von der Firma Baťa ausgeschriebenen internationalen Wettbewerb für ein Familienhaus teil. In der Kommission tauchte dank Karfíks Bekanntschaft auch Le Corbusier auf. Karfíks Haus ist bis heute noch im Stadtviertel Nad Ovčírnou zu sehen. In dem Haus hat der Architekt dann mit seiner Familie zehn Jahre lang gewohnt. An privaten Objekten, bei denen Karfík nicht an Baťasche Bauregeln gebunden war, ist zu erkennen, dass er sich dabei von F. L. Wright hat inspirieren lassen. Auf ausgedehnten Grundstücken in den Randgebieten Zlíns stehen in den Jahren 1939–1942 errichtete Direktorenvillen. Bei den Direktorenvillen arbeitete er häufig mit einem vergrößerten Grundriss der Häuser, zu deren Bestandteilen markante Schornsteine gehören. Die Häuser sind durch die Verwendung tiefer Terrassen oder des „Wright’schen“ Eckfensters mit der sie umgebenden verbunden.
Als Leiter der Bauabteilung der Firma Baťa beteiligte sich Karfík sowohl an den Entwürfen von öffentlichen Bauten, Geschäftsgebäuden und Sakralbauten, als auch an der Form der standardisierten Arbeiterhäuser. Als die Firma ins Ausland expandierte, entwarf er auch die Bebauungspläne für die Fabrik in East Tilbury (1932, Großbritannien). Karfíks wohl bedeutendster Bau ist das Verwaltungsgebäude der Firma Baťa Nr. 21 (1937–1938), das mit seiner Höhe von 77,6 m in Mitteleuropa seinerzeit das höchste Gebäude war.
Nach dem Zweiten Weltkrieg war Karfík noch an der Erstellung des neuen Regulierungsplans für Zlín beteiligt. Jedoch ging er 1946 bereits nach Bratislava, wo er die Fakultät für Architektur an der Slowakischen Technischen Hochschule mitbegründete. In Zlín realisierte er aber weiterhin seine Bauprojekte, zu denen etwa Wohnhäuser im Stadtviertel Obeciny (1946) oder das Gebäude für die Filmlabors im Zlíner Stadtteil Kudlov (1950) zählen. In den fünfziger Jahren beteiligte sich Karfík an der Entwicklung eines Plattenbauprototyps und des Plattenbau-Systems BA (nach dem Entstehungsort Bratislava). In der Slowakei setzte er seine Planungstätigkeit (Gebäude der Pharmazeutischen Fakultät und der Wirtschaftsuniversität, 1953–1955) und pädagogische Tätigkeit fort und gab mehrere Skripte heraus, die sich vornehmlich mit Verwaltungsgebäuden befassten.
Vladimír Karfík war ab den dreißiger Jahren bis zum Jahr 1956 Mitglied des Internationalen Kongresses für moderne Architektur (CIAM). Neben seiner pädagogischen Tätigkeit arbeitete er auch mit der slowakischen Akademie der Wissenschaften zusammen, ab den siebziger Jahren war er wissenschaftlicher Mitarbeiter des Staatlichen Instituts für Städtebau und Gebietsplanung (URBION) in Bratislava. 1979–1982 lehrte er an der Architekturfakultät auf Malta, wo er auch Entwürfe erstellte. Von 1983 bis zu seinem Tod 1996 lebte er in Brünn. Für seine architektonische Arbeit, pädagogische Tätigkeit und Publikationen erhielt er viele Auszeichnungen. Er wurde zum Ehrenmitglied des Amerikanischen Instituts der Architekten ernannt (1985). Die größte Anerkennung erhielt er nach 1989, als ihm von Václav Havel die Goldmedaille verliehen wurde.