Jan (Karel) Antonín Baťa, der Halbbruder von Tomáš Baťa aus der zweiten Ehe des Vaters wurde am 7. 3. 1898 in Uherské Hradiště als eines von fünf Kindern der Eheleute Ludmila (geb. Hruščáková) und Antonín Baťa geboren. Antoníns Vater und die Halbgeschwister Anna, Antonín und Tomáš aus der ersten Ehe des Vaters betrieben das Schustergewerbe, der Vater zuhause in einer Schusterwerkstatt in Uherské Hradiště und die Geschwister in einer mechanischen Fabrik in Zlín, weswegen Antonín von Kindheit an mit dem Schuhmacherhandwerk in Berührung war. Die Volksschule besuchte Jan Antonín in Zlín, und mit 14 Jahren begann er in der Zlíner Fabrik des Bruders eine Lehre, wo er 1913 auch den Gesellenbrief machte. Berufserfahrungen sammelte er vor dem Ersten Weltkrieg in Fabriken in Deutschland und nach dem Krieg in den USA, wo er in den Jahren 1919–1920 einen kleinen Baťa-Betrieb in Lynn Massachusetts leitete. Nach einer Zwischenepisode als Verkäufer in einer Londoner Verkaufsstelle von Baťa, dem Militärdienst und der Hochzeit mit Marie Gerbecová (1902–1987, Heirat 1921), der Tochter des Zlíner Stadtarztes, kehrte er in den Zlíner Betrieb des Bruders zurück, in dem er in den Jahren 1922–1927 in einer Reihe von leitenden Positionen tätig war. 1927 aufkommende persönliche Differenzen und konzeptuelle Streitigkeiten mit dem autoritären und im Grunde genommen eine Generation älteren Bruder war der einzige Moment in seiner beruflichen Karriere, in dem er für kurze Zeit außerhalb der Familienfirma Baťa tätig war.
Die Umwandlung der Firma in eine Aktiegesellschaft 1931 mit Tomáš Baťa in leitender Position als Verwaltungsratsvorsitzenden brachte Jan Antonín an die Spitze der Gesellschaft, ohne dass seine Kompetenzen klar abgegrenzt worden wären. Nach dem Tod von Tomáš († 12. 7. 1932) und der Abwicklung des anschließenden Erbverfahrens auf Grundlage eines unklar formulierten Testaments änderte sich Jans Situation radikal. Jan Antonín zahlte die Familienangehörigen aus, beglich dem Staat die Erbschaftssteuer und wurde zum Hauptaktionär des Baťa-Konzerns, der bis 1945 als GmbH in Familienhand blieb. Im Sinne des Bruders und gemeinsam mit dessen vertrautesten Mitarbeitern, den Direktoren Josef Hlavnička und Hugo Vavrečka, setzte er die Politik und Strategie des Konzerns erfolgreich um, besonders was das Maschienbau-, chemische und Bauprogramm betraf. Per Flugzeug bereiste er Europa Afrika, Asien und Amerika (1937) und erhielt von der Technischen Hochschule Dr. Edvard Beneš in Brünn die Ehrendoktorwürde in Ingenieurswissenschaften (1938). Immer öfter musste er sich den Herausforderungen der konfliktreichen zweiten Hälfte der dreißiger Jahre stellen, sei es in Form seines Engagements in der sudetendeutschen Frage, der 1938 öffentlich diskutierten Präsidentschaftskandidatur oder in der scharf medialisierten Verteidigung von Präsident Edvard Beneš und der Politik der Zweiten Republik nach dem Münchner Abkommen.
Die Vorkriegssympathie zur tschechischen radialen Rechten, seine vorübergehende Verhaftung durch die Gestapo während der Annexion des Sudetenlandes Mitte November 1938, die wahrscheinlich erzwungene persönliche Begegnung mit Hermann Göring, der endgültige Weggang aus dem Protektorat Böhmen und Mähren im Mai 1939 in die USA (1939) und anschließend nach Brasilien (1940) und seine reservierte Haltung zu Benešs Exilpolitik erschwerten Baťas Nachkriegsposition, besonders als er im Mai 1947 in Abwesenheit zu 15 Jahren schwerer Haft, dem Verlust der Bürgerrechte und der Beschlagnahme seines gesamten tschechoslowakischen Besitzes verurteilt wurde. Sowohl bei seinen tschechoslowakischen und europäischen Aktivitäten in der Nachkriegszeit als auch in den sich zwanzig Jahre lang hinziehenden Rechtsstreitigkeiten mit Tomášs Sohn Tomáš Jan (1914-2008) wurde Jan Antonín dadurch ausgeschaltet, dass er in den Schwarzen Listen der Alliierten erfasst war (seit 1940). Der einstige Schuhkönig wurde um jeglichen Besitz außerhalb Brasiliens gebracht, wo er mehrere Firmen und sogar Baťa-Satellitenstädte gründete (als die lebensfähigsten erwiesen sich die Standorte Batatuba, 1941, Mariapolis 1942, Bataguassu 1943 und Batayporã 1953). Jan Antonín Baťa war auch literarisch tätig. Seine Bibliographie zählt eine Reihe Zeitungsartikel, theoretische und programmatische Schriften und Bücher einschließlich umfangreicher Memoiren, die in den letzten Jahren aus seinem Nachlass herausgegeben wurden. Im Familiennachlass von Jans Erben sind auch seine Versuche als Dichter erhalten geblieben. Jan Antonín Baťa starb am 23. 8. 1965 in São Paulo, erst zur Jahrtausendwende wurde er nach und nach rehabilitiert. Im Familienbund mit seiner Frau Marie wurden ihm fünf Kinder geboren.
Der Name Jan Antonín Baťa wurde schon zu seinen Lebzeiten zum Symbol eines öffentlich geteilten und gelebten unternehmerischen Erfolges, aber auch Gegenstand von häufig kleinlichen Streitigkeiten über seine Bedeutung was die Umsetzung des sog. Systems Baťa, die Konzernpolitik und Familienstrategie betrifft. An die Spitze des Konzerns gelangte er 1932 zwar zu einem Zeitpunkt, als das System Baťa größtenteils bereits geformt war, jedoch kann man ihm einen wesentlichen Einfluss auf die Schaffung neuer Produktionsprogramme, Marketingstrategien und Medienpräsenz nicht absprechen. Baťas persönlichem Engagement verdanken wir die Aktivitäten des Konzerns in den Bereichen Kunst (Zlíner Salons für zeitgenössische Kunst 1936–1940), moderne Medientechnologien (Zlíner Filmateliers im Stadtteil Kudlov, 1936) oder Bauingenieurwesen (Otrokovice-Baťov). Nach dem Vorbild des Bruders legte er großen Wert auf die Entwicklung von Berufsschulen, was sich in den Bauprojekten der Baťa-Kunstschule (1939) und in den nicht realisierten Plänen einer Zlíner Hochschule widerspiegelt, die besonders in Zeiten des Protektorats die Schließung tschechischer Hochschulen die traditionelle Rolle akademischer Arbeitsplätze ersetzt hätten. Nicht zu übersehen sind seine Aktivitäten bezüglich des enormen Interesses am Firmenstädtebau und der Architektur, die sowohl in vielen Einzelprojekten im Bereich der Unternehmensinfrastruktur, als auch in den firmeneigenen Schriften Wir bauen einen Staat für 40 000 000 [Menschen] (1937 1.Ausgabe, 1938 2. erweiterte und revidierte Ausgabe) und Die Industriestadt (1939) verwirklicht wurden. Den Baťaschen Städtebauprinzipien blieb er auch in Brasilien treu, wo seine Kolonisationsambitionen in der Gründung von gleich zehn Agrar-Industriesiedlungen mit Produktionskapazitäten verwirklicht wurden.
MJ